Bereinigung der Jahresabschlüsse für einen Unternehmensverkauf

Sobald Inhaber entschieden haben, ihre Firma zu verkaufen, kommt umgehend die Frage auf: Was ist meine Firma wert? Zu ihrer Beantwortung schicken sie uns häufig ihre Jahresabschlüsse. Die allein sind allerdings selten wirklich aussagekräftig und können einem Käufer in der Regel nicht kommentarlos zur Verfügung gestellt werden. Das liegt schlicht und einfach daran, dass viele Inhaber in ihrem Jahresabschluss – der Gewinn-und-Verlust-Rechnung sowie der Bilanz – eher eine gesetzliche Anforderung sehen als die Basis für einen zukünftigen Verkauf. Häufig wird vergessen, dass diese Jahresabschlüsse zugleich das Fundament jeder Unternehmensbewertung und somit auch eines Kaufpreises darstellen. Das „Armrechnen“, der Ausweis eines möglichst geringen Gewinns aus steuertechnischen Gründen, fällt vielen Inhabern an dieser Stelle auf die Füße. Wir als Unternehmens-Broker können und werden die bereits erstellten offiziellen Jahresabschüsse nicht nachträglich ändern. Aber das braucht es auch nicht. Denn wir bereinigen im Rahmen des Verkaufsprozesses die Jahresabschlüsse ohnehin um zahlreiche Einflüsse, damit die Kaufinteressenten die tatsächliche Ertragskraft der zum Verkauf stehenden Unternehmung berücksichtigen und darauf aufbauend einen angemessenen Kaufpreis offerieren können. Im nachfolgenden Fachbeitrag gehen wir auf einige wichtige Bereinigungsebenen ein.

 

Allgemeine Bereinigungen der Jahresabschlüsse

BereinigungsebeneHäufige Beispiele
InvestitionenInvestitionen werden immer über ihre kalkulatorische Lebensdauer abgeschrieben. Allerdings sollte man vor einem Verkauf genauestens analysieren, ob alle heutigen und zukünftigen Abschreibungen wirkliche Betriebsausgaben darstellen. Hier gilt es vor allem, Abschreibungen auf Firmenwert, Finanzanlagen und Software zu prüfen. Darüber hinaus sollte der Investitionszyklus betrachtet werden.
Periodengerechte VerbuchungenDer jährliche Gewinn wird in der GuV immer für das Geschäftsjahr festgestellt. Allerdings bieten einige Geschäftsmodelle (vor allem im Projektgeschäft) zahlreiche Möglichkeiten, die Erträge und Aufwendungen zeitlich zu steuern. Dementsprechend können sich enorme Verzerrungen in den Erträgen ergeben. Manche Inhaber schieben einen richtigen Berg von stillen Reserven von Jahr zu Jahr vor sich her.
Zuteilung der Bildung von stillen ReservenHier sind vor allem das Warenlager und die Verbuchung von halb fertigen Arbeiten zu berücksichtigen. Gerade im Projektgeschäft und bei Handelsunternehmen sind die Bestände häufig unterbewertet. Dementsprechend müssen wir rückwirkend die Bildung der stillen Reserven auf die letzten Geschäftsjahre aufteilen. Nur so erhalten wir den tatsächlich erzielten Ertrag für die vergangenen Geschäftsjahre.
Nicht betriebsnotwendige AufwendungenHier gibt es eine ganze Reihe von möglichen Vorgängen, u. a.:

–          marktgerechte Löhne für Familienmitglieder

–          private Pkws für den Inhaber und seine Familienmitglieder

–          private Aufwendungen (u. a. Reise-, Spesen-, Urlaubs-, Anschaffungs-, Altersversorgungskosten)

 

Bereinigung des Geschäftsführerlohns

Höhe und Zusammensetzung des Geschäftsführerlohns sind von Betrieb zu Betrieb unterschiedlich. Einige Inhaber spendieren sich 300.000 Euro sowie eine zusätzliche Tantieme bzw. einen zusätzlichen Bonus pro Jahr. Andere gewähren sich nur einen kleinen Geschäftsführerlohn von 5.000 Euro pro Monat. Unternehmenskäufer schauen sich meist die tatsächliche Tätigkeit des aktuellen geschäftsführenden Inhabers an und bewerten diese in Bezug auf die zukünftigen Ersatzkosten nach seinem Ausscheiden: Was würde ein Fremdgeschäftsführer für diese Tätigkeit kosten? Abhängig von der Größe des Betriebs liegen die meisten kalkulatorischen Geschäftsführerlöhne zwischen 120.000 und 200.000 Euro pro Jahr. Nicht selten hat die Anpassung auf einen marktgerechten Fremdgeschäftsführerlohn bei sehr rentablen Betrieben einen positiven Effekt auf die historischen Erträge der zum Verkauf stehenden Unternehmung. Denn die Erträge werden häufig mit einem mehrfachen Faktor multipliziert (Multiplikator), um einen Kaufpreis zu erhalten. Somit liegt in der Bereinigung des Geschäftsführerlohns häufig großes Potenzial für einen höheren Kaufpreis.

 

Bereinigung von Immobilienerträgen und -aufwendungen

Erfolgreiche mittelständische Betriebe erwerben oder bauen häufig ihre eigenen betrieblichen Räumlichkeiten. Dies geschieht teilweise direkt durch das Unternehmen, häufig aber auch durch eine Immobiliengesellschaft oder durch den Inhaber bzw. seine Ehefrau. In den letzten Jahren ist ein klarer Trend zu „substanz-leichten“ Transaktionen zu erkennen, d. h., Unternehmenskäufer bevorzugen eher den Erwerb einer Unternehmung ohne die Geschäftsimmobilie. Dementsprechend müssen einige Bereinigungen der Jahresabschlüsse vorgenommen werden, die sich danach richten, wem die Immobilie gehört. Nachfolgend führen wir die beiden Möglichkeiten und die notwendigen Bereinigungen auf:

Immobilien im Betriebsvermögen der UnternehmungImmobilien im Besitz von Familie/Inhaber oder einer anderen Gesellschaft
Wenn die Immobilie zum Betriebsvermögen des zum Verkauf stehenden Unternehmens gehört, wird keine Miete fällig. Wird die Immobilie also vor dem Verkauf herausgelöst, muss rückwirkend für die vergangenen Jahre eine kalkulatorische Miete angesetzt werden. Das wirkt sich natürlich ertragsmindernd aus.Wenn die Immobilie im Fremdbesitz ist, dann wird der Unternehmenskäufer sich die vereinbarte und bezahlte Nettokaltmiete anschauen. Diese wird dann mit marktüblichen Konditionen verglichen. Je nach Ergebnis muss der Ertrag erhöht oder vermindert werden.
Im Gegenzug müssen alle durch die Immobilie verursachten Kosten wie Abschreibungen, Finanzierungskosten, Versicherungen, Reparaturen, Wartungen und Anschaffungen herausgerechnet werden. Diese Bereinigungen haben dann wiederum ertragserhöhende Wirkung.Auch wenn sich die Immobilie in Fremdbesitz befindet, ist es nicht selten, dass Kosten für Wartung, Instandhaltung, Instandsetzung und Schönheitsreparaturen die GuV der Unternehmung belasten. Ein Unternehmenskäufer wird in diesem Punkt auf einer Vertragsanpassung bestehen und daher lohnt es sich, diese Kosten proaktiv und mit ertragserhöhender Wirkung herauszurechnen.

 

Pensionsverpflichtungen

Noch vor einigen Jahren war es ziemlich in Mode, dass man als geschäftsführender Gesellschafter eine Pensionszusage über die Gesellschaft abschloss. Diese Kosten belasten natürlich die GuV und reduzieren den Ertrag. In jüngerer Zeit ist zu beobachten, dass fast jeder Käufer darauf drängt, diese Pensionszusage vor einem Verkauf aufzulösen oder auf einen anderen Versicherungsgeber  übertragen. Somit fallen diese Beiträge nicht mehr an, was sowohl für aktuelle monatliche Zahlungen als auch für kalkulatorische Beträge auf der Grundlage von Berechnungen und Versicherungsgutachten gilt. Auch diese Bereinigung wirkt sich positiv auf die Ertragskraft der Unternehmung aus.

 

Private Darlehen

Nicht selten lassen sich erfolgreiche Inhaber von der Unternehmung ein Darlehen geben. Sie vermeiden damit die steuerpflichtige Dividendenausschüttung. Als Gegenleistung müssen sie an die Gesellschaft Zinsen zahlen. Jeder Käufer wird darauf bestehen, dass solche privaten Verflechtungen vor einem Kauf aufgelöst werden. Somit müssen diese Zinsen auch von den Erträgen abgezogen werden, da sie zukünftig nicht mehr anfallen und auch nicht betriebsbedingt sind.

Häufig ist die Konstellation aber auch anders herum: Inhaber gewähren ihrer Unternehmung ein Darlehen. Auch dafür fallen Kosten in Form von Zinsen an. Solche Konstellationen werden vor einem Verkauf meist ebenfalls aufgelöst oder die Darlehen werden als Eigenkapital eingebracht bzw. via Zession an den Unternehmenskäufer abgetreten. Somit müssen auch diese Zinsen von den Aufwendungen abgezogen werden.

 

Fazit: Bereinigung der Jahresabschlüsse für einen Verkauf

Inhaber erstellen ihre Jahresabschlüsse häufig in erster Linie, um ihre gesetzlichen Pflichten zu erfüllen. Mehr Gewinn bedeutet auch mehr Steuern und eine geringe Liquidität. Daher sind viele Inhaber bestrebt, die steuerlichen Aufwendungen minimal zu halten, und rechnen sich über die GuV arm. Leider vergessen sie dabei häufig, dass die historischen, offiziellen Jahresabschlüsse immer auch die Basis für die Unternehmensbewertung und den erzielbaren Kaufpreis darstellen: Das Steuersparen führt zu geringen Erträgen und einem niedrigeren Kaufpreis. Wir können Sie aber beruhigen: Wir als Unternehmens-Broker kennen die Realitäten in kleinen und mittleren Betrieben. Deshalb würden wir auch nie die historischen Jahresabschlüsse unkommentiert an den Käufer schicken. Es bedarf einer ausführlichen Auswertung und in den meisten Fällen umfangreicher Bereinigungen, damit man einem Käufer die wirkliche Ertragskraft eines mittelständischen Betriebs aufzeigen kann. Das bedeutet am Anfang etwas mehr Arbeit, die sich allerdings beim erzielbaren Kaufpreis schnell auszahlt. Darüber hinaus lernen wir so Ihre Firma und die wirtschaftliche Situation Ihres Unternehmens besser kennen – eine notwendige Voraussetzung für einen erfolgreichen Verkauf!