Soll ich das Unternehmen verkaufen oder weiter betreiben?

Viele Inhaber spielen regelmäßig mit dem Gedanken, ob sie ihr Unternehmen verkaufen oder doch weiter betreiben sollen? Vor allem kleinere Unternehmen erzielen am Markt häufig nicht die gewünschten Verkaufspreise aufgrund ihrer geringen Größe. Besonders Unternehmen mit sehr wenigen Mitarbeitern aber sehr fähigen und selbstständigen Inhabern. Diese Generalisten strukturieren Ihre Firma autark durch konsequentes Auslagern, IT gestützte Prozesse und automatisierte Abläufe.

So lassen sich schnell rentable Unternehmen mit einigen hunderttausend Euro Umsatz aufbauen bei einem überschaubaren wöchentlichen Arbeitsaufwand. Warum also quälen mit der ständigen Frage, ob man das Unternehmen verkaufen soll? Dies liegt meist an den sich verändernden Aufgaben und Präferenzen der Inhaber. Anfangs treibt die große Herausforderung an, die Unternehmung aufzubauen und zu etablieren. Ist die Firma nach ein paar Jahren erst einmal erfolgreich und eingespielt, fehlt häufig die intellektuelle oder gestalterische Herausforderung. So kommt der Wunsch auf, das Unternehmen verkaufen zu wollen und endlich wieder mit freiem Kopf und vollem Elan eine neue Lebensherausforderung in Angriff zu nehmen. In diesem Fachbeitrag gehen wir auf den üblichen inneren Dialog sowie die zu treffende Abwägung solcher Inhaber ein.

Unternehmen verkaufen oder doch nicht? Mein Umfeld versteht mich nicht!

Inhaber sind es gewohnt, dass sie viele Entscheidungen nur mit sich selbst ausmachen müssen. Vor allem bei kleinen Unternehmen mit Umsätzen von weniger als 500.000 Euro und wenigen Mitarbeitern. Dennoch trifft niemand die Entscheidung für einen Unternehmensverkauf über Nacht und ohne externe Konsultation. Diese kann mit dem Lebenspartner, Freunden, Bekannten oder dem Steuerberater stattfinden. Dementsprechend begibt sich der Inhaber auf den Weg und tauscht sich aus und sammelt Informationen und Meinungen.

Doch leider haben viele Außenstehende einen komplett anderen Blick auf die Situation. Irgendwie verstehen diese Personen den Inhaber und seine Vorstellungen und Probleme nicht ganz. Die Firma ist etabliert und rentabel und das Arbeitspensum erscheint so minimal, dass jeder Arbeitnehmer mit einem 9.00 Uhr bis 17.00 Uhr Job nur mit den Augen schlackert. Warum willst du eigentlich dein Unternehmen verkaufen? Viele Gesprächspartner empfehlen, ich würde das Unternehmen verkaufen, aber nur wenn der Preis stimmt und häufig werden unrealistische Zahlen wie die berühmte Million Euro genannt. Die Realität ist, die wenigsten Gesprächspartner kennen die Situation eines Gründers, welcher eine neue Herausforderung sucht und keine Angst vor einer neuen Herausforderung hat. Die Sehnsucht nach dem Nervenkitzel und der gestalterischen Herausforderung – kennt nur ein anderer Unternehmer!

Unternehmen verkaufen? Showstopper Verkaufspreis!

Jedes Unternehmen sowie jede Verkaufssituation ist einzigartig. Ich selber habe größten Respekt vor solchen „Lifestyle“ Unternehmen und finde die geringe Kapitalintensität sowie die hohe Rentabilität bei so geringem Arbeitspensum von solchen Unternehmen beeindruckend. Dennoch stellt der Verkauf einer Unternehmung ohne viele Mitarbeiter, einem System fokussiert auf geringen Arbeitsaufwand und abgestimmt auf die Arbeitsinteressen des Inhabers, eine große Herausforderung dar. Ja, die Firma ist rentabel und die Gerüchte von 5mal dem Gewinn als Kaufpreis sind bekannt. Doch leider lassen sich diese Kaufpreisvorstellungen nur in den wenigsten Fällen realisieren. Das liegt vor allem an der Struktur dieser Unternehmen.

Viele Käufer haben eben nicht die Fähigkeiten und Erfahrungen eines solchen Generalisten und erfolgreichen Gründungsinhabers. Somit betrachten Käufer das Risiko eben als deutlich höher und quittieren das mit einem niedrigen Kaufpreis. Darüber hinaus kommen viele Käufer aus größeren Unternehmen und hier bedeuten mehr Mitarbeiter und Angestellte mehr Prestige sowie eine breitere Verteilung des Know-how. Somit suggerieren mehrere Mitarbeiter eben mehr Sicherheit und einen höheren Status. Des Weiteren gehen viele Erstinhaber oder Nicht-Unternehmer davon aus, dass mehr Mitarbeiter zu weniger Arbeit für den Inhaber führen – eine fatale und falsche Annahme! Die Realität könnte nicht weiter entfernt sein, aber Verkäufer können diese Vorurteile sowie tiefsitzenden Einstellungen im Rahmen eines Verkaufsprozesses nicht ändern. Deshalb liegt der erzielbare Verkaufspreis in den meisten Fällen deutlich unterhalb von den gewünschten Preisvorstellungen und stellt die finanzielle Sinnhaftigkeit eines Unternehmensverkaufs in Frage.

Unternehmen verkaufen? Macht das dann überhaupt noch Sinn?

Die Frage ist absolut berechtigt, allerdings kann sie nicht pauschal beantwortet werden. Letztendlich muss jeder Inhaber diese Abwägung individuell und situativ vornehmen. Was ist denn die Alternative zum Unternehmensverkauf? Nun, es bleibt beim Alten. Ja, klar kann der Inhaber versuchen, weitere Aufgaben zu delegieren und zu automatisieren. Wobei es eben auch hier Grenzen gibt. Denn jeder Inhaber hat im Laufe der Jahre ein so individuelles und breites Know-how aufgebaut, dass es ihm erlaubt, viele Tätigkeiten sehr effizient und schnell zu erledigen. Nun kann man auch die Durchsicht und Kontrolle der Geschäftszahlen auslagern. Allerdings sind das eben nicht die einfachen Aufgaben, sondern die geschäftsrelevanten Tätigkeiten/Kontrollen und dafür bedarf es eben Erfahrung und Verständnis für das Geschäftsmodell.

Darüber hinaus erfordert jede Auslagerung oder Aufgabendelegation weiterer Kontrollinstanzen und Qualitätssicherung. So erfordert eine fünf Minuten Aufgabe für den Inhaber plötzlich eine Korrespondenz von mehreren E-Mails oder lästigen Abstimmungsanrufen. Die Realität ist doch, solange Sie die Firma besitzen tragen sie die Verantwortung und blindes Vertrauen in externe Dienstleister führt in den seltensten Fällen zu einer akzeptablen Fehlerquote und hoher Qualität. Darüber hinaus ist es ihre Firma und Inhaber sind es gewohnt, mit der Firma aufzustehen und mit ihr ins Bett zu gehen. Deshalb können Sie sich auch nicht von ihrer Firma unterbewusst lösen, solange Sie die Verantwortung in Form des Besitzes tragen. Dies wiederum ruft die Frage auf, ob das wirklich Sinn macht – die Firma weiter zu betreiben, wenn man eigentlich händeringend nach einer neuen Herausforderung sucht und die letzten Aufgaben eigentlich nicht effizient delegieren kann?

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Fazit: Unternehmen verkaufen oder doch behalten?

Wie bereits erklärt, die Antwort können Sie nur individuell geben. Nach unserer Erfahrung überwiegt meistens der Wunsch nach einer neuen Herausforderung. Die Möglichkeit, noch die letzten Handgriffe und Aktivitäten auszulagern sind ab einem gewissen Niveau stark begrenzt, da das Erkennen der Zusammenhänge doch eben langjährige Erfahrung erfordert und dies eher selten zeit- und kosteneffizient von externen Dienstleistern durchgeführt werden kann. Darüber hinaus finden viele kreative Inhaber im Rahmen der reinen Verwaltungsaktivitäten selten Genugtuung. Sie wollen gestalten, schöpferisch und kreativ arbeiten und das lässt sich nicht immer mit einer etablierten Unternehmung umsetzen. Deshalb empfehlen wir Inhabern in dieser Situation auf Ihr Herz und Ihre innere Stimme zu hören.

Außenstehende kennen und verstehen die Situation selten und eignen sich somit nur bedingt für gute Ratschläge. Viele Inhaber unterschätzen häufig die wichtigste Lektion. Auch im Rahmen eines Unternehmensverkaufes lernen sie unheimlich viele neue und spannende Fähigkeiten und Erfahrungen. So kommt zum Gründungs-, Etablierungs- und Verwaltungs- Know-how neues Verkaufs-Know-how und der gesamte Lebenszyklus eines Unternehmens wird erfolgreich vollendet und erweitert den Erfahrungshorizont. Darüber hinaus sind alle Erfahrungen, Fähigkeiten und der erzielbare Kaufpreis eine solide und stabile Grundlage für das nächste Unternehmen oder/und Abenteuer.