Unternehmensnachfolgen heute und in Zukunft – finstere Aussichten!
Ein Ausblick: Studie zu Unternehmensnachfolgen von 2014 bis 2018
Leider gibt es keine amtlichen Statistiken über die durchgeführten Nachfolgeregelungen in Deutschland. Das Institut für Mittelstandsforschung (IfM) schätzt seit den 90er-Jahren die Anzahl der anstehendenden Unternehmensnachfolgen in Deutschland. In der aktuellsten Studie wurde die Anzahl der im Zeitraum von 2014 bis 2018 anstehenden Unternehmensübergaben geschätzt. Ein Blick auf diese Ergebnisse ist durchaus lohnenswert, um ein ungefähres Bild der Situation in Deutschland zu erhalten.
Definitionen für das Schätzverfahren
Als übergabereif gelten alle Unternehmen, in denen der Unternehmensinhaber sich in den nächsten fünf Jahren altersbedingt aus der Geschäftsführung verabschiedet. Da keine statistischen Zahlen über das tatsächliche Renteneintrittsalter von Unternehmern existiert, orientiert sich die Studie am normalen Renteneintrittsalter von knapp 65 Jahren und je einem Monat für jedes weitere Jahr.
Als übernahmewürdig gelten alle Unternehmen, die einen höheren Gewinn erzielen als ein abhängig Beschäftigter durch Arbeit sowie Kapitalerträge für seine Altersversorgung erzielen kann. Zur Vereinfachung wurde die Renditeanforderung auf Kapitalerträge vernachlässigt und der Mindestertragswert auf rund 53.989 € festgelegt.
Unternehmen mit einem jährlichen Nettojahresumsatz wurden als zu klein eingestuft, da hier voraussichtlich nicht der erforderliche Jahresgewinn erzielt wird. Deshalb gelten diese Unternehmen als nicht übergabewürdig.
Die Abbildung 1 zeigt das Ergebnis der Studie:
Kurzzusammenfassung der Studienergebnisse
- Im Zeitraum von 2014 bis 2018 steht bei rund 135.000 übergabereifen und übergabewürdigen Unternehmen eine Nachfolgereglung an.
- Die Anzahl der übergabereifen Unternehmen liegt oberhalb der Anzahl von 2010 bis 2014.
- In den kommenden Jahren ist mit einem weiteren Anstieg der Anzahl von übergabereifen Unternehmen zu rechnen. Als Hauptgrund für den Anstieg wurde die Alterung von Unternehmern und Unternehmerinnen im Rahmen des demographischen Wandels ausgemacht.
- Im Zeitraum 2014 bis 2015 schrumpft zwar das theoretische Nachfolgerpotential, allerdings ist noch nicht mit einer generellen Nachfolgelücke zu rechnen.
- Regionale und Branchenengpässe sind nicht auszuschließen.
Vergleich Unternehmensnachfolgen: Studienabschätzungen versus tatsächlich angebotene Unternehmen
Die Anzahl von insgesamt 135.000 Unternehmen würde bedeuten, dass jährlich rund 33.750 Unternehmen zu übertragen sind. Wenn man nun die Auswertungen mit Hilfe der historischen Daten zu Übertragungsformen von Familienunternehmen analysiert, ergibt sich folgende Verteilung:
- 54% aller Familienunternehmen finden eine interne Nachfolgelösung (Übertragung an Familienmitglieder),
- 29% werden an externe Dritte (Fremdmanager, Unternehmen oder andere Interessenten) verkauft und
- 17% werden an vorhandene Manager (interne Lösung) verkauft.
Für den Markt für Unternehmensverkäufe kommen entsprechend nur die 29% in Frage, die eine externe Nachfolgelösung suchen. Demnach sollte die Anzahl der jährlichen externen Unternehmensübertragungen rund 9.788 betragen. Wenn wir diese Zahl mit der aktuellen Anzahl der auf den öffentlich zugänglichen großen Unternehmensbörsen angebotenen Unternehmen vergleichen, dann klafft dort offensichtlich eine enorme Lücke. Denn berücksichtigt man, dass diese Unternehmensbörsen eben keinen Unterschied zwischen übergabewürdigen und unwürdigen Unternehmen machen, dann beinhaltet die Anzahl von 10.486 Verkaufsinseraten (Stand April 2016) auf den freizugänglichen Unternehmensbörsen eine ganze Reihe zu kleiner, ausländischer, inaktiver oder übergabeunwürdiger Unternehmen. Aufgrund unserer Erfahrung schätzen wir die tatsächliche Anzahl von verkaufswürdigen Unternehmen auf allen Onlinebörsen gemäß der Mindestertragswert-Anforderungen auf nur rund 30%, d.h. auf ca. 3.146 Unternehmen.
Webseite | Anzahl Verkaufsinserate gemäß sichtbarer Angebote* Stand: April 2016 |
www.nexxt-change.org | 8.031 |
www.dub.de | ca. 500 |
www.unternehmensmarkt.de | 407 |
www.biz-trade.de | ca. 1.800 |
www.firmundo.de | >10 |
www.de.globalbroker.biz | ca. 10 |
www.firmamarkt.net | ca. 35 |
www.kauf-verkauf24.de | >100 |
Summe | 10.486 |
*Hinweis: Wir konnten an dieser Stelle nicht überprüfen, ob es sich um tatsächliche Angebote handelt. Zudem haben wir teilweise Verkaufsmandate aus dem Ausland sowie Kaufgesuche abgezogen.
Nun möchte sicherlich nicht jeder Inhaber seine eigene Firma über eine solche Online-Unternehmensbörse vermarkten. Hier spielen vor allem Vertraulichkeitsaspekte sowie die Frage nach der Reichweite bzgl. der richtigen Zielgruppe eine wichtige Rolle. Besonders größere Unternehmen mit mehr als 5 Mio. Euro Umsatz eignen sich nur bedingt für eine Vermarktung über eine solche Online-Unternehmensbörse. Wenn wir uns jedoch die Verteilung der Umsatzgrößenklassen anstehender Unternehmensübertragungen im Zeitraum von 2014 bis 2018 anschauen, dann wird schnell ersichtlich, dass die Unternehmen mit mehr als 5 Mio. Euro Umsatz die Gesamtzahl der Übertragung nur geringfügig beeinflussen. So fallen in diese Kategorie eben nur 14.800 Unternehmen, d.h. weniger als 11%, wie in der nachfolgenden Abbildung ersichtlich.
Wenn wir also die 11% der zu großen Unternehmen (Umsatz > 5 Mio. Euro) sowie die nicht gewünschte Vermarktung über Online-Unternehmensbörsen mit rund 25% beziffern, dann sähe die Situation heute bereits wie folgt aus:
Jährlich neue übergabewürdige Unternehmen, die auf den Markt kommen | 9.788 |
11% scheiden aufgrund der Größe aus (oberhalb von 5 Mio. Euro Umsatz) | -1.077 |
25% möchten nicht über eine Onlinebörse vermarkten | -2.447 |
Jährliches theoretisches Vermarktungspotential über Onlinebörsen | 6.264 |
Aktuell inserierte verkaufswürdige Unternehmen über Onlinebörsen (30% als übergabewürdig eingestuft) | 3.146 |
Heutige Differenz zwischen Potential und tatsächlich inserierten Unternehmen | 3.118 |
Auswirkungen auf den zukünftigen Nachfolgemarkt
Uns ist bewusst, dass wir hier zahlreiche und zum Teil kaum belegbare Annahmen getroffen haben und die Zahlen somit letztlich lediglich subjektive Schätzungen sind. Uns geht es hier aber auch nicht um eine bis auf die Nachkommastelle genaue Zahl, sondern um eine Orientierung gebende Tendenz und Prognose für die Zukunft. Sicher kann die Anzahl von verkaufswürdigen Unternehmen auf den Börsen höher liegen und das gleich gilt für die Anzahl von Unternehmensvermarktungen fernab von Online-Unternehmensbörsen. Allerdings erscheint mir das unwahrscheinlich, vor allem, wenn wir uns die Verteilung der zum Verkauf stehenden Unternehmensgrößen (siehe Abbildung 4 oben) genauer anschauen. Denn aus der Statistik geht klar hervor, dass ungefähr 62% (83.500 Unternehmen) einen Umsatz kleiner 1 Mio. Euro erzielen. Für diese Firmen geht im Grunde kein Weg an einer kosteneffizienten und reichweitenstarken Vermarktung über eine Online-Unternehmensbörse vorbei. Unternehmens-Broker wie wir arbeiten zum größten Teil auf Erfolgsbasis und die Erfolgsprovision muss am Ende auch die Aufwendungen rechtfertigen. Dementsprechend bleibt vielen Inhabern von kleineren Unternehmen nichts Anderes übrig, als den Verkauf über eine solche Börse teilweise sogar selbst in die Hand zu nehmen oder alternativ die Qualität ihrer Firma zu verbessern.
Was sind die Folgen für zukünftige Unternehmensnachfolgen?
Wir gehen davon aus, dass die große Differenz zwischen den heute bereits inserierten übergabewürdigen Unternehmen und dem eigentlichen jährlichen Potential vor allem daher rührt, dass viele Inhaber den Verkaufsprozess noch gar nicht angestoßen haben. Entsprechend wird die tatsächliche Anzahl der zukünftigen geplanten externen Unternehmensübertragungen aller Voraussicht nach massiv ansteigen und weit oberhalb der geschätzten Zahlen der IfM-Studie liegen. Der demographische Wandel sowie die sinkenden Übertragungen von Unternehmen im Familienkreis werden die Anzahl zusätzlich weiter steigen lassen. Was passiert nun, wenn die Anzahl der Angebote für Unternehmen dermaßen ansteigt wie oben beispielhaft (ca. 100%) ausgeführt? Die Antwort liegt auf der Hand: Die Käufer können sich die besten Firmen aussuchen und der Preisdruck nimmt deutlich zu. In der Folge werden viele Inhaber massiv mit dem Preis nachlassen müssen, um überhaupt einen Verkauf zu realisieren. Für qualitative Unternehmen gibt es jedoch immer einen Markt und genau deshalb sollten Inhaber das Thema Business Building als Chance ansehen, um ihre Firma jeden Tag ein bisschen besser und wertvoller zu machen. Nur so wahren sie die Option, die Früchte ihres Lebenswerkes auch in Zukunft ernten zu können. Für alle Inhaber, die die skizzierte Marktverschiebung von einem Verkäufer- hin zu einem absoluten Käufermarkt noch nicht erkannt haben und jetzt keine gezielten Gegenmaßnahmen einleiten wird es also vermutlich ein böses Erwachen geben.