Firmenverkauf: Stichtagsinventur bei einem Asset-Deal

Inventur per Stichtag Unternehmensverkauf

Bei einem Asset­-Deal (Übertragungsform bei jeder Einzelfirma) müssen alle Vermögenswerte definiert und einzeln verkauft und übertragen werden. Vor allem das Warenlager erhält bei Produktions- und Handelsfirmen immer einen großen Stellenwert, da dies häufig einen nicht unerheblichen Teil des Kaufpreises darstellt. Häufig wird ein vorläufiger Kaufpreis mit einer Anpassungsformel festgelegt. Für die Anpassungsformel können verschiedene Kennzahlen herangezogen werden. Bei einem Asset-Deal bietet sich hierfür häufig das Warenlager an. Deshalb sollte die Vorbereitung und Durchführung der Stichtagsinventur große Aufmerksamkeit in der finalen Durchführung der Transaktion erhalten. Dieser Beitrag geht auf wichtige Vorbereitungsmaßnahmen sowie eine beispielhafte Durchführung ein.

Vorbereitung der Stichtagsinventur

Bei einem Asset-Deal gibt es immer einen Hauptkaufvertrag für den Verkauf und die Übertragung der Wirtschaftsgüter. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Anlagen, welche die genauen Vermögensgegenstände und die zu übertragenden Vertragsverhältnisse aufführen. Für die Stichtagsinventur macht es einen großen Unterschied, ob alle Waren in einem elektronischen Warenwirtschaftssystem (wie u.a. SAP) erfasst werden oder nicht. Eine elektronische Auswertung vereinfacht die Inventur erheblich, da somit per Knopfdruck das Bestandswarenlager sowie die Anschaffungspreise bereitgestellt werden können. Im Rahmen der Inventur muss anschließend nur geprüft werden, ob diese Waren wirklich vorhanden und noch werthaltig sind.

Häufig erleben wir es aber bei kleinen und mittleren Unternehmen, dass das Warenlager nicht elektronisch erfasst wird und somit dieses händisch gezählt und erfasst werden muss. Für eine solche Stichtagsinventur sollten drei Dokumente/Anlagen besondere Aufmerksamkeit erhalten:

  • Datenblatt für die Erfassung der Waren
  • Anlage: Aktuelle Anschaffungspreise der Waren
  • Anlage: Dokumentation Stichtagsinventur und Zählung der Waren

 

  1. Datenblatt für die Erfassung der Waren

Damit alle Waren einheitlich gezählt und erfasst werden lohnt es sich, vor der Inventur ein einheitliches und adäquates Datenblatt für die Zählung/Erfassung zu entwerfen und vereinbaren.

Zu erfassen:Beispielwerte:
Datenblatt-Nr.:15
Artikel-Nr.:01536 XRS
Bezeichnung:Aluminium Profile Classic
Maße:7,00 m
Farbe:Blank
Letzter Netto-Einkaufspreis:3,50 €
Lagerort/Regal-Nr.:Außenlager / Regal 7
Aufgenommene Menge:15
Gesamtwert:€ 367,50
Name / Unterschrift Zähler(s)Hans Mustermann

 

  1. Anlage: Aktuelle Anschaffungspreise der Waren

Nach der Zählung müssen alle Mengen mit den aktuellen Netto-Einkaufspreisen multipliziert und mathematisch zum Gesamtwert addiert werden. Hierfür sollte vor der tatsächlichen Inventur eine klare und einvernehmliche Regelung und Dokumentation für die verschiedenen Artikel zwischen dem Käufer und Verkäufer definiert und vereinbart werden. Hierfür lohnt es sich, eine umfassende Produktstückliste in einer Excel-Liste zu erstellen. Häufig ist es nötig, für die genaue Einkaufspreisfestlegung alte Rechnungen oder aktuelle Preislisten von den zahlreichen Lieferanten in eine übergeordnete Excel-Liste zu überführen. Auch wenn diese Vorabklärung oft viel Zeit in Anspruch nimmt so lohnt sich doch der Aufwand, da somit am Tag der Stichtagsinventur unangenehme, lange und emotionale Diskussionen über die tatsächlichen Preise vermieden werden können.

 

  1. Anlage: Dokumentation Stichtagsinventur und Zählung der Waren

Nun müssen nur noch die Informationen der Datenblätter in die erstellte Excel-Liste überführt werden. So werden die Mengen automatisch mit den hinterlegten Preisen multipliziert. Dadurch entsteht eine klares Bild über die vorhandenen Mengen und Summen. Darüber hinaus kann durch die klare Unterteilung in das jeweilige örtliche Lager oder die Regalnummer schnell eine Stichprobe der Zählung vorgenommen werden. Auch können die Mengen plausibilisiert und von beiden Parteien eingeordnet werden. Die Excel-Liste, inklusive der Einkaufspreise und Mengen, kann sodann als Stichtagsinventur-Dokumentation einfach ausgedruckt und als Anlage dem Kaufvertrag angehängt werden. Jede Partei kann dann Stichproben machen und die Gesamtmenge/-werte verifizieren und somit die Ergebnisse der Inventur mit einer Unterschrift verabschieden.

 

Tücken und Fallen der Stichtagsinventur

Wie bei allem ist eine gute Vorbereitung die halbe Miete – gleiches gilt für die Stichtagsinventur. Dennoch gibt es einige Stolperfallen, welche einvernehmlich adressiert und vorab geklärt werden müssen. Nachfolgend einige Beispiele:

 

Umgang mit Kleinmaterial & ZubehörHier gilt es Augenmaß zu behalten über die Höhe und den letztendlichen Einfluss auf die Höhe des Gesamtlagerwertes. Nicht selten empfiehlt es sich aufgrund des geringen Wertbeitrags, dass sich beide Parteien tief in die Augen schauen und ggfs. auf einen Schätzwert einigen.
Umgang mit beschädigter Ware, Überbeständen und LadenhüternDieser sollte, wenn möglich, bereits in der Absichtserklärung und spätestens vor der Inventur klar und einvernehmlich geregelt sein. Letztendlich ist der Umgang individuell und situativ zwischen den Parteien zu vereinbaren – je früher im Verkaufsprozess je besser. Auf keinen Fall sollte die Thematik am Tag der Stichtagsinventur ungeklärt und unbeantwortet sein.
Umgang mit nicht übergehenden WarenNicht selten verbleiben einige Waren (vor allem fertige Waren und Erzeugnisse) beim Verkäufer, da diese bereits zu 100% fertiggestellt sind und nur noch auf die Auslieferung warten. Hier möchte der Verkäufer noch die Marge vereinnahmen, da er auch die Arbeit verrichtet und die angefallenen Kosten getragen hat. Hier gilt es, eine klare Regelung vor der Inventur zu treffen und alle  Waren klar zu markieren und wenn möglich zu beschriften, sodass diese Waren im Rahmen der Stichtagsinventur nicht erfasst werden.
Zeitpunkt der InventurWir würden empfehlen, die Stichtagsinventur noch vor der Vertragsunterschrift durchzuführen. Somit haben beide Parteien die Möglichkeit sich zu einigen, bevor verbindliche und unumkehrbare Realitäten geschaffen werden. Für die Stichtagsinventur empfehlen wir erfahrungsgemäß eher ein Wochenende als einen Wochentag. Somit sind externe Einflüsse (wie Email und Anrufe), Mitarbeiter sowie das Tagesgeschäft als Störfaktoren ausgeschaltet.

 

Sonstiges zur Stichtagsinventur

Die Stichtagsinventur hat nicht nur auf den finalen Verkaufspreis einen großen Einfluss. Sie gibt dem Käufer auch eine Möglichkeit, sich mit der Lagerstruktur sowie dem aktuellen Bestand und dem Geschäftsbedarf intensiver auseinander zu setzen. Darüber hinaus möchten auch viele Käufer die Warenwirtschaft digitalisieren und benötigen somit den Anfangsbestand. Gerade wenn der Verkäufer das Bestandsmanagement und den Einkauf – basierend auf seiner Erfahrung und seinem Bauchgefühl- durchgeführt hat, so bietet die Erfassung doch eine wichtige Grundlage für die zukünftige Entkopplung vom Alt-Inhaber (Verkäufer). In diesem Sinne hat der Verkäufer somit auch ein großes Interesse an der Stichtagsinventur, da sie doch eine große Hilfestellung leistet für die zukünftige Verlagerung hin zu anderen Personen.

Ein weiterer wichtiger Grund für die Stichtagsinventur und die genaue Erfassung sowie Dokumentation ist das Finanzamt. Dieses wird den Kaufpreis auf die verschiedenen Vermögenswerte aufteilen. Hier bietet eine genaue Stichtagsinventur mit einer nachvollziehbaren Höhe des Warenlagers wenig Angriffsfläche und führt in aller Regel zur Akzeptanz der Kaufpreisaufteilung. Zu guter Letzt empfehlen wir allen Verkäufern, dass Sie Ihre Verkaufsberater (wie zum Beispiel einen Unternehmens-Broker) in die Pflicht nehmen und diese die Stichtagsinventur nicht nur mit vorbereiten, sondern auch während der Inventur physisch präsent sind und den Ablauf aktiv mit unterstützen. So stellt der Verkäufer sicher, dass er kompetente Verhandlungsunterstützung während der Inventur hat, da währenddessen häufig Einigungen und Regelungen getroffen werden.