Erfahrungen mit strategischen Käufern beim Firmenverkauf

Mit die größte Käufergruppe auf dem Unternehmensmarkt sind strategische Käufer. Darunter versteht man andere gewerbliche Unternehmen – häufig größere Konzerne –, die durch den Zukauf expandieren möchten. Bei dieser Käufergruppe gibt es einige Besonderheiten, die verkaufsinteressierte Inhaber kennen sollten, damit ein Verkauf sich erfolgreich gestaltet – von den Verhandlungen über den gesamten Verkaufsprozess bis hin zur anschließenden Integration. Deshalb gehen wir in diesem Fachbeitrag etwas detaillierter auf unsere Erfahrungen mit strategischen Käufern ein.

 

Warum kaufen strategische Käufer mittelständische Betriebe?

KaufgrundErklärung
Stärkung lokaler PräsenzVor allem internationale Konzerne kaufen gern kleinere und mittlere Unternehmen, um ihre lokale Präsenz in der Fläche zu stärken. Das gilt insbesondere für den Zukauf lokaler Dienstleistungs- und Serviceunternehmen. Solche Transaktionen werden auf Konzernebene zwar in der Regel von den lokalen Landesorganisationen getrieben, doch diese müssen sich dabei mit dem Hauptquartier abstimmen – was nicht immer schnell geht.
Erweiterung des Produkt- oder DienstleistungsspektrumsInnovationen werden bekanntlich eher in kleineren Unternehmen zur Marktreife geführt. Für eine nationale oder internationale Skalierung sind dann allerdings umfangreiche Marketing- und Vertriebsinvestitionen nötig, für die den kreativen KMUs meist Ressourcen fehlen. Große Firmen dagegen wissen um die Innnovationsträgheit ihrer Organisationen und kaufen deshalb gern innovative Betriebe hinzu – meist mit der Zielsetzung, die neu erworbenen Produkte und Dienstleistungen dank der bestehenden Konzernorganisation in einem größeren geografischen Radius vertreiben zu können. In der Fachsprache nennt man solche Zukäufe auch „Schließen von Portfolio-White-Spots“ oder „Diversifikation“.
Schaffung neuer Produkte und DienstleistungenManchmal ist eins plus eins gleich drei. Viele größere Unternehmen kaufen kleinere Betriebe nicht nur als Ergänzung ihres Portfolios, sondern setzen darauf, aus ihren bestehenden und den neu erworbenen Produkten und Dienstleistungen ganz neue Pakete schnüren zu können. Solche Zukäufe, die enorme Synergien auf der Angebotsseite des strategischen Käufers freisetzen können, sind vor allem bei Software- und Dienstleistungsunternehmen weit verbreitet.
Erweiterung der WertschöpfungsstufeBei einigen Transaktionen werden Lieferanten oder lokale Vertriebsorganisationen eingekauft. Dieses strategische Vorgehen nennt sich „Forward-“ oder „Backward-Integration“. Häufig geht es dabei um mehr Kontrolle über die gesamte Wertschöpfungskette. Beim Erwerb von Zulieferern spielen meist die Themen Lieferzeiten und Flexibilität eine Rolle, während es beim Zukauf von lokalen Vertriebsorganisationen in der Regel um Vertriebskosten und eine sichere, fokussierte Distribution geht.

 

 

Die großen Vorteile eines Kaufs durch einen strategischen Käufer

Bei strategischen Käufern spielt die Finanzierung so gut wie nie eine Rolle. Häufig werden solche „kleinen“ Zukäufe im Umfang von 1 bis 10 Mio. Euro aus der vorhandenen Liquidität finanziert. Eine Abstimmung mit Kreditinstituten, deren Finanzierungszustimmung eine Offenlegung erfordern und Wartezeiten mit sich bringen würde, ist nicht nötig. Das ist ein nicht zu unterschätzender Vorteil. Ein weiterer ist, dass viele große Konzerne über umfangreiche Ressourcen verfügen und eine hohe Professionalisierung in Bereichen wie Marketing, Dokumentation, Personalentwicklung oder IT mitbringen. Damit bieten sie der zum Verkauf stehenden Unternehmung nicht nur ein relativ sicheres neues „Zuhause“, sondern auch günstige Voraussetzungen für den Ausbau der Geschäftstätigkeiten.

Vorteilhaft ist das gerade vor dem Hintergrund, dass kleinere Unternehmen irgendwie immer die falsche Größe haben, um größere Projekte zu akquirieren und abzuwickeln. Engpässe bei Investitionen, Finanzierungen und personellen Ressourcen sind durch den Verkauf an einen großen Strategen schnell vergessen und die Weichen für eine erfolgreiche und relativ sichere Zukunft gestellt. Wie unsere Erfahrungen zeigen, müssen Sie als Inhaber auch keine Angst haben, dass die Arbeitsplätze Ihrer Mitarbeiter durch einen Verkauf an ein großes Unternehmen in Gefahr sind. Denn Ihre Mitarbeiter machen einen großen Teil des Wertes Ihrer Firma aus. Wir haben noch nie erlebt, dass nach dem Verkauf einer mittelständischen Firma an einen Konzern große Entlassungs- oder Kündigungswellen eingeleitet wurden. Im Gegenteil, häufig wird der Konzern die notwendigen Mittel bereitstellen, damit die gekaufte Firma ihre Geschäfte auch personell ausbauen kann.

 

Die Nachteile eines Verkaufs an einen strategischen Käufer

Auch wenn die Finanzierung keine Wartezeiten erfordert – schnell geht so ein Verkauf nicht über die Bühne. Vor allem der Verhandlungsprozess zieht sich oft sehr in die Länge. Das liegt daran, dass in großen Konzernen niemand alleine entscheiden kann. Immer muss eine ganze Reihe von Abteilungen und Managern davon überzeugt werden, ihre Zustimmung zu der Transaktion zu erteilen.

Solche Prozesse sägen nicht nur an den Nerven des Inhabers, sie sorgen bei ihm oft auch für Unverständnis. Denn Inhaber sind gewohnt, schnell und selbstständig zu entscheiden. In Konzernen geht es ganz anders zu: Die Entscheidungsfindung ist häufig zeitintensiv und konsensorientiert. Da kann es schon mal passieren, dass sich die Betriebsprüfung und die Vertragsverhandlung an kleineren, eher unwesentlichen Dingen aufhängen. Bei dem Inhaber des zum Verkauf stehenden Betriebs kann das leicht die Frage aufwerfen: Wenn sich bereits die Verkaufsverhandlungen so kompliziert gestalten, wie soll dann erst die Zusammenarbeit nach dem Verkauf verlaufen? Und ganz unberechtigt sind solche Befürchtungen nicht. Es ist leider eine Tatsache, dass große Unternehmen immer auch eine gewisse Bürokratie und Trägheit mit sich bringen. Dementsprechend kann es durchaus passieren, dass sich die weitere Zusammenarbeit nach dem Verkauf für den Verkäufer nicht unbedingt positiv gestaltet.

 

Fazit: Verkauf an einen strategischen Käufer

Es gibt viele Gründe, warum strategische Käufer kleinere und mittelständische Betriebe zukaufen. Häufig geht es um die Erweiterung des Produkt- oder Dienstleistungsspektrums, die Kontrolle der Wertschöpfungskette, die Stärkung der lokalen Präsenz oder die Schaffung von ganz neuen gemeinsamen Produkten und Dienstleistungen. Die großen Vorteile, die strategische Käufer bieten, sind die sichere Finanzierung und die mögliche Zuführung von notwendigen finanziellen und personellen Ressourcen nach einem Kauf. Für die Mitarbeiter wie auch für das zum Verkauf stehende Unternehmen sind strategische Käufer deshalb häufig die beste Käufergruppe und einem Privat- oder Finanzinvestor vorzuziehen. Allerdings können sich die Verhandlungen über einen sehr langen Zeitraum hinziehen und dem Inhaber viel Geduld und Verständnis abverlangen. Große Konzerne sind eben einfach bürokratischer in ihrem Vorgehen und ihrer Entscheidungsfindung. Das ist für viele Inhaber nach einem Verkauf ein Problem, da sie es nicht gewohnt sind, ihre Entscheidungen mit zahlreichen Abteilungen oder Managern abzustimmen.

Inhaber sollten bei einem Verkauf an einen strategischen Käufer also sorgfältig abwägen zwischen den Vorteilen für das eigene Unternehmen und den Nachteilen, die Bürokratie und träge Entscheidungsprozesse zukünftig für sie persönlich bedeuten können.