Erfolgsabhängiger Kaufpreis (Earn-outs) bei Unternehmenskaufverträgen
Wenn es den Parteien schwerfällt, sich auf einen finalen Unternehmenskaufvertrag zu einigen, ist häufig eine Kaufpreisgestaltung mittels Earn-outs das Resultat. Eine Earn-out-Klausel innerhalb eines Kaufvertrags bestimmt, dass ein Teil des Kaufpreises nicht sofort, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt gezahlt wird, und zwar abhängig vom Geschäftserfolg.
Auch wenn viele Inhaber zu Beginn eines Verkaufsprozesses eine solche Regelung kategorisch ablehnen: In der Praxis ist sie ein bewährtes Brückeninstrument, das dafür sorgt, Finanzierungslücken oder Bewertungsdifferenzen zwischen den Parteien zu überwinden und den Verkauf überhaupt erst möglich zu machen. Im folgenden Fachbeitrag erfahren Sie Näheres zu den Gründen und der Gestaltung einer solchen Earn-out-Klausel, deren Vor- und Nachteilen sowie unseren Erfahrungen mit dieser Brückenlösung.
Die Gründe für eine Earn-out-Kaufpreisgestaltung
Nicht selten gehen die Auffassungen des Käufers und des Verkäufers über die zukünftige Geschäftsentwicklung weit auseinander. Vor allem, wenn Unternehmen in einer Krisensituation, in einem volatilen Ertragsumfeld, inmitten großer Branchenumbrüche oder vor der Markteinführung neuer Produkte stehen. In solchen Fällen können die Annahmen über die Höhe der zukünftigen Erträge des Unternehmens sich fundamental unterscheiden. Und diese Erträge beeinflussen in erheblichem Maße die Unternehmensbewertung, die Höhe des Kaufpreises und die des möglichen Kapitaldienstes nach einem Kauf.
Daher möchte der Käufer nicht einfach den gesamten Kaufpreis als einen fixen Betrag zahlen, sondern den Verkäufer an den Risiken der zukünftigen Geschäfts- und Ertragsentwicklung beteiligen. Zum einen möchte er natürlich keinen überhöhten Kaufpreis für das Unternehmen entrichten, zum anderen erreichen, dass das vorhandene Risiko ausgewogenen auf beide Parteien verteilt wird. Häufig steht hinter einer Earn-out-Forderung auch die Käuferabsicht, den Verkäufer mit all seinem Know-how, seinen Fähigkeiten und Kontakten noch längerfristig an die Firma zu binden.
Vor- und Nachteile einer Earn-out-Regelung
Viele Käufer führen als Hauptargument für eine Earn-out-Regelung an, dass der Verkäufer dadurch letztendlich die Chance hat, sogar einen höheren Kaufpreis zu erhalten. Das ist zwar faktisch richtig, aber das Resultat hängt von vielen Faktoren ab, auf die der Verkäufer keinen Einfluss hat: etwa, wie erfolgreich und kompetent der Käufer nach dem Kauf seine Geschäfte führt und wie sich die externen Marktbedingungen entwickeln.
Als Verkäufer können Sie nur die Gestaltung der Earn-out-Regelungen beeinflussen, und hier beginnen schon die Nachteile. Denn die Earn-out-Klausel ist bis heute nicht standardisiert und bedarf zahlreicher und umfassender Regelungen. Vor allem die Vereinbarungen über die zukünftige Zusammenarbeit gestalten sich häufig emotional. Denn eigentlich ist ja angestrebt, mit dem Verkauf einen klaren Strich zwischen den Verantwortungsbereichen zu ziehen. Der Käufer soll seine Geschäfte so frei führen können, wie er es wünscht, und der Verkäufer möchte sich einem neuen Lebensabschnitt zuwenden. Eine Earn-out-Regelung jedoch verhindert genau diese klare Trennung und erfordert somit umfangreiche Vereinbarungen und Vorkehrungen.
Wie unsere Erfahrung zeigt, ist der größte Vorteil eines Earn-outs nicht, dass die Summe aus Festkaufpreis und Earn-out letztlich einen höheren Kaufpreis ergibt, sondern dass der Festkaufpreis überhaupt realisiert werden kann. Wir empfehlen allen Inhabern, davon auszugehen, dass der Earn-out-Anteil null betragen kann und sie somit allein mit dem Festkaufpreis zufrieden sein sollten. Eine Earn-out-Komponente von 10 bis 20 % des Gesamtkaufpreises kann dem Käufer aber das nötige Vertrauen geben, dass der Verkäufer auch nach dem Verkauf sein Wissen einbringen wird – und ihn so motivieren, den Kauf überhaupt erst durchzuführen.
Die Earn-out-Gestaltung
Die Earn-out-Gestaltung spielt sich im Spannungsfeld konträrer Interessen ab: zwischen dem Wunsch des Verkäufers, Manipulationen durch den Käufer zu vermeiden, und dem des Käufers zur Freiheit einer eigenständigen Geschäftsführung. Im Folgenden haben wir einige der zahlreichen Regelungen, die zu treffen sind, aufgeführt:
Regelungspunkt | Erklärung |
Laufzeit | Earn-out-Regelungen verhindern häufig die Integration des gekauften Unternehmens in das kaufende Unternehmen. Verkäufer möchten jedoch zeitnah mit dem Unternehmen abschließen und sich um andere Dinge kümmern können. Deshalb sollten sich Earn-out-Regelungen nur auf kurze Zeiträume beziehen. In der Praxis finden sich Laufzeiten zwischen einem und drei Jahren, wobei die meisten Vereinbarungen wohl zwei Jahre laufen. |
Earn-out-Bemessungsfaktor | Die beiden unterschiedlichen Perspektiven der Parteien machen sich besonders beim Bemessungsfaktor geltend. Der Käufer wünscht sich häufig einen Bemessungsfaktor am unteren Ende der Erfolgsrechnung, also auf Basis des Gewinns oder EBITs. Der Verkäufer möchte gerne eine Bemessung am oberen Ende der Erfolgsrechnung, also am liebsten anhand des Nettoumsatzes, da dieser am wenigsten von Entscheidungen des Käufers beeinflusst, am wenigsten gezielt verändert werden kann. |
Earn-out-Ermittlung | Zur Earn-out-Ermittlung gibt es verschiedene Möglichkeiten. Zum einen kann es ein fester Wert (Triggerwert) wie zum Beispiel 1 Mio. EBIT sein. Möglich ist aber auch ein linearer Korridor mit Schwellenwert von 500.000 bis 1 Mio. EBIT, bei dem jeder Euro EBIT mit 0,1 Euro vergütet wird. Darüber hinaus muss geregelt werden, ob die Earn-out-Bemessung nur für das laufende Geschäftsjahr gilt oder ob die Ergebnisse kumulativ über die gesamte Earn-out-Laufzeit aufgerechnet werden können. Über die genaue Earn-out-Ermittlung wird häufig intensiv verhandelt; als Grundlage dienen dabei meist die historischen Durchschnittswerte der Bemessungsfaktoren oder die im Rahmen der Verhandlungen vorgelegte und/oder vereinbarte zukünftige Finanzplanung. |
Erfolgsmessung | Als Grundlage werden häufig die Jahresabschlüsse (also Bilanz und GuV) verwendet. Bei einer Earn-out-Bemessung ausschließlich anhand der Nettoumsätze können auch die monatlichen BWAs verwendet werden. |
Bereinigungen | Häufig wird vereinbart, die Earn-out-Komponente so zu ermitteln, als würde die Firma noch vom Verkäufer geführt – damit es eine Vergleichsbasis gibt. In diesem Fall müssen einige durch den Käufer verursachte Tatbestände, wie zum Beispiel eine Managementgebühr, Finanzierungskosten oder höhere Managementlöhne, in den finalen Jahresabschlüssen bereinigt werden. |
Eingrenzung | Der Käufer wird auf einem maximalen Earn-out, zum Beispiel in Summe 1 Mio. Euro, bestehen (wird auch als „Cap“ bezeichnet). Der Verkäufer wird versuchen, einen Mindest-Earn-out-Betrag, zum Beispiel 100.000 Euro pro Jahr, durchzusetzen. |
Zahlung | Normalerweise ist die Zahlung wenige Wochen nach Vorlage des finalen Jahresabschlusses fällig; in den Unternehmenskaufvertrag sollte auf jeden Fall ein finales Vorlagedatum, zum Beispiel 1. Juli, aufgenommen werden. Bei einer Earn-out-Bemessung auf der Grundlage des Nettoumsatzes sind auch monatliche Zahlungen nicht unüblich. |
Einsichtsrechte | Jeder Käufer wird sich umfangreiche Einsichtsrechte in die Geschäftszahlen sichern wollen. Viele bestehen sogar auf einer Bereitstellung der monatlichen BWAs und der Summen- und Saldenliste. |
Umgang mit Differenzen | Die Parteien werden immer versuchen, auch eine Vereinbarung für den Umgang mit Differenzen hinsichtlich der Earn-out-Ermittlung zu treffen. Häufig gibt es dann eine Klausel für die Hinzuziehung eines unabhängigen Wirtschaftsprüfers zur finalen Klärung. |
Fazit: Erfolgsabhängiger Kaufpreis (Earn-outs) bei Unternehmenskaufverträgen
Earn-out-Regelungen sind ein Brückeninstrument für die Überwindung von Finanzierungslücken und Bewertungsdifferenzen. Letztendlich gibt es eine Informations-Asymmetrie zwischen Käufer und Verkäufer; diese wird vor allem beim Thema der zukünftigen Geschäftsentwicklung sichtbar. Die Earn-out-Klausel ist ein bewährtes Instrument, um spätere Geschäftsrisiken und -chancen zwischen den Parteien zu verteilen, damit im ersten Schritt überhaupt ein Unternehmensverkauf stattfinden kann. Die Ausarbeitung und Vereinbarung von Earn-out-Regelungen ist ein langer und intensiver Prozess, da diese sich im Spannungsfeld zwischen Manipulationsvermeidung und den Freiheiten oder Beschränkungen der zukünftigen Geschäftsführung bewegen.
Wir empfehlen unseren Mandanten, einer solchen Vereinbarung immer nur dann zuzustimmen, wenn sie bereits mit dem Festkaufpreis zufrieden sind, die Regelungen eine sehr kurze Laufzeit haben oder eine realistische Basis für weitere Earn-out-Zahlungen besteht.