Kaufpreisabschätzung mit dem Eigentümergewinn auf Basis EBITDA

Viele Inhaber werden durch die Medien und die Anglizismen der Unternehmensbewertungspraxis eher verwirrt als informiert. Hier wird mit Begriffen wie Cash-Flow, EBIT und Equity nur um sich geschmissen und viele Inhaber haben Probleme, in diesem Sammelsurium von Fachbegriffen die wesentlichen Faktoren für die Wertbestimmung ihrer Firma zu erkennen. Deshalb möchten wir eine einfache und verständliche Kennzahl, den Eigentümergewinn auf Basis EBITDA, einführen und diesen erklären. Gemeinsam mit der Historie kann man so eher die historische Ertragskraft eines KMUs ableiten. Unternehmenskäufer und Unternehmensverkäufer können anhand dieser Kennzahl relativ einfach ausrechnen, welchen Kaufpreis die zum Verkauf stehende Unternehmung finanzierungstechnisch darstellen kann.

Eigentümergewinn im Vergleich zur rein formelmäßigen Bewertung

In unseren anderen Fachbeiträgen wurde bereits deutlich, dass wir keine sehr hohe Meinung von den vorhandenen rein quantitativen formelmäßigen Bewertungsmethoden haben. Vor allem die Ertragswertmethode sowie das Discounted-Cash-Flow Verfahren (DCF) bieten zwar legitime Bewertungsansätze, da die zukünftige Geschäftsentwicklung berücksichtigt wird. Allerdings basieren diese Verfahren auf zahlreichen Planungsannahmen wie zum Beispiel dem Diskontierungssatz sowie der Prognose der zukünftigen Aufwendungen und Erträge. Beides kann nur geschätzt werden und unterliegt großen Bandbreiten, da die wenigsten Inhaber von kleinen und mittleren Unternehmen eine zukünftige und belastbare fünfjährige Finanzplanung abgeben können und die Renditeanforderungen letztlich subjektiv und ausschließlich vom Käufer abhängig sind. Im Vergleich dazu basiert der Eigentümergewinn auf Basis des EBITDA auf den historischen Erträgen und stellt somit eine nachvollziehbare sowie belegbare Ertragsgröße dar.

Zusammengefasst kann man bei einer rein quantitativen formelmäßigen Bewertung immer durch Anpassung der Planungsprämissen oder der käuferseitigen Rendite jeden gewünschten Unternehmenswert ermitteln. Dies hilft dem Inhaber am Anfang des Verkaufsprozesses allerdings keinen Schritt weiter, da es auf einem ganz anderen Blatt steht, ob diese Werte bei einem Verkauf überhaupt erzielt werden können. Nach unserer Erfahrung lassen sich diese berechneten Werte im Rahmen von wirklichen Unternehmensverkäufen einfach nicht realisieren und suggerieren nur universelle, aber falsche Wahrheiten! Ein eher faktenbasierter Ansatz durch den Eigentümergewinn auf Basis des EBITDAs reduziert diesen Bewertungsspielraum auf die historischen Fakten.

Eigentümergewinn auf Basis EBITDA (Owner‘s Cash Flow)

Wie ermitteln wir nun einen realistischen Kaufpreiskorridor vor dem Verkaufsstart? Wir verwenden den Eigentümergewinn auf Basis EBITDA (Operatives Ergebnis vor Abschreibungen, Zinsen und Steuern), welcher im Englischen auch „Owner‘s Cash Flow“ genannt wird. Das EBITDA ist als Ausgangspunkt einer Firmenbewertung besonders geeignet, da es eine Größe ist, mit denen sich Unternehmen, unabhängig von ihrem Investitionszyklus, in ihrer Finanzierung und steuerlichen Situation gut vergleichen lassen. Das EBITDA ist zudem ein optimaler Indikator für die wirtschaftliche Stärke eines Unternehmens, dem aktuellen finanziellen Zufluss des Inhabers und der Leistungsfähigkeit für einen möglichen Kapitaldienst für den zu entrichtenden Kaufpreis.

Allerdings muss das EBITDA bei kleineren und mittelständischen Betrieben oft bereinigt werden. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass Unternehmer, oft aus steuerlichen Gründen, ein niedrigeres offizielles EBITDA ausweisen, damit die Steuerlast reduziert, die Liquidität geschont und stille Reserven gebildet werden können. Deshalb nehmen wir hier die Bereinigung des EBITDA vor, damit wir – sowie der Käufer – die wirkliche historische Ertragskraft des Unternehmens besser abschätzen können. Obwohl diese Aufführung nur als Indikation gesehen werden sollte, so hat sich dieses Vorgehen in unserer täglichen Verkaufspraxis als effektives Instrument herauskristallisiert, da die Vergangenheit durch Fakten belegbar und dem geringsten Spielraum von Manipulationen unterliegt. Die Kaufinteressenten können den ermittelten Eigentümergewinn im Rahmen der Betriebsprüfung auch verifizieren und fassen somit weiteres Vertrauen. Die angreifbare und unsichere Zukunftsplanung überlassen wir somit dem Käufer!

Ermittlung Eigentümergewinn auf Basis (EBITDA)

Um unser Vorgehen zu verdeutlichen verwenden wir einige Beispielwerte mit nachvollziehbaren Erklärungen für die durchgeführten Bereinigungen:

Tabelle 1: Ermittlung Eigentümergewinn auf Basis (EBITDA)

EURAnmerkung
Jahresüberschuss gemäß offiziellem Jahresabschluss  2014841.264
Steuern135.307
Zinsen und ähnliche Aufwendungen10.298
Abschreibungen53.003
Unbereinigtes EBITDA1.039.872 
Bereinigungen
Geschäftsführerlohn da Einzelfirma-120.0001)
Nicht-betriebsnotwendige Aufwendungen30.0002)
Mieteinsparungen22.0003)
Bildung von stillen Reserven aufs Warenlager200.0004)
Bildung unbegründeter Rückstellungen für Gewährleistungen80.0005)
Nicht wiederkehrende Erträge (Versicherung etc.)-15.0006)
Mieterträge von Eigentumswohnung-12.0007)
Bereinigtes  EBITDA 20141.224.872 

Alle Bereinigungen werden auf Basis der Angaben des Inhabers vorgenommen und durch Prüfungen der historischen Gewinn- und Verlustrechnung geprüft. Schließlich müssen diese einer käuferseitigen Betriebsprüfung standhalten. Dazu haben wir diese in Tabelle 2 überführt mit ausführlichen, nachvollziehbaren und belegbaren Erklärungen:

Tabelle 2: Beispiele für Bereinigungen des Eigentümergewinns auf Basis EBITDA

1)Da es sich um eine Einzelfirma handelt, wird im EBIT kein Geschäftsführerlohn berücksichtigt. Deshalb wurde ein marktüblicher Geschäftsführerlohn von EUR 120.000 angesetzt.-120 TEUR
2)Im Geschäftsjahr 2014 gab es vermeidbare Aufwendungen von EUR 30.000. Dies umfasste Spesen, Telekommunikation, Mobilität, Repräsentationsspesen etc.   30 TEUR
3)Im Geschäftsjahr 2014 wurde eine Nettoraummiete von schätzungsweise EUR 22.000 für die gemieteten Räumlichkeiten bezahlt. Diese entfallen ab September 2015   22 TEUR
4)Im Geschäftsjahr 2014 wurden stille Reserven auf das Vorratslager von schätzungsweise EUR 200.000 gebildet.   200 TEUR
5)Um die Steuerlast zu reduzieren, wurde eine Gewährleistung für EUR 80.000 gebildet. In Wirklichkeit drohen keine Kundenseitigen Ansprüche   80 T EUR
6)Im Geschäftsjahr 2014 zahlte die Versicherung Schadensersatz in einer Höhe von EUR 15.000. Hierbei handelt es sich um nicht wiederkehrende Erträge-15 TEUR
7)Die im Betriebsvermögen befindliche Eigentumswohnung wird vor dem Verkauf ins Privatvermögen überführt und somit nicht mitverkauft. Deshalb stehen diese Mieterträge dem neuen Inhaber nicht zur Verfügung und müssen rausgerechnet werden.-12 TEUR
 

 

 

Total Bereinigung

 

    185 TEUR

Durch dieses Vorgehen erhalten wir eine erste Indikation über die Ertragskraft des letzten Geschäftsjahres sowie die Kapitaldienstfähigkeit für einen darzustellenden oder geforderten Kaufpreis für diesen Zeitraum. Der eigentliche Eigentümergewinn gemäß Definition des englischen „owner´s cash-flow“ enthält sogar den gesamten Inhaberlohn, da dieser dem Inhaber auch zufließt. Wir haben diesen allerdings ersetzt durch einen marktgerechten Geschäftsführerlohn, da viele Käufer – vor allem Privatinvestoren – heute bereits in einer gehoben Angestelltenposition sind und somit einen Lohn erhalten. Dennoch sollte der historisch bezahlte Geschäftsführerlohn unbedingt mit aufgeführt und dem Käufer kommuniziert werden. Denn auch dieser kann vom Käufer zur Kaufpreisfinanzierung verwendet werden.

Prüfung der Historie

Im zweiten Schritt schauen wir uns die Historie der Geschäftszahlen unter Berücksichtigung der angegebenen Bereinigungen an. Dazu übertragen wir die Umsätze und Erträge der letzten Jahre in eine Grafik wie nachfolgend aufgeführt:

                                      Screenshot 2016-07-19 17.29.40 (2)

Abbildung 1: Überblick Geschäftsverlauf und Ertragskraft

Nun erhalten wir ein übergeordnetes und neutrales Bild über die mehrjährige historische Ertragsfähigkeit, über den Eigentümergewinn sowie über die Entwicklung der zum Verkauf stehenden Unternehmung. Dieser faktenbasierte Überblick erlaubt das Abstecken eines ersten Kaufpreiskorridors. Diese tatsächlichen Fakten werden auch jedem Käufer so präsentiert und sind nicht angreifbar, da keinerlei Annahmen über die Zukunft getroffen wurden. Da wir ja wissen, dass die Verwendung des DCF- und Ertragswertverfahrens des Öfteren deutlich zu hohe Werte ermittelt, so darf der Käufer gerne diese Methoden in seiner zukunftsbasierenden Unternehmensbewertung verwenden. Somit überlassen wir die zahlenmäßige Interpretation der Zukunft dem Käufer. Wobei wir natürlich qualitative und quantitative Angaben zur Geschäftsentwicklung in der Verkaufsdokumentation angeben, wenn Sie denn absehbar, belastbar und nachvollziehbar sind. Aber auf keinen Fall sollten Sie einen Verkaufspreis gegenüber den Interessenten angeben, da Sie sich damit diese Überbewertungen als Chance verbauen würden.

Als Verkäufer müssen Sie verstehen und die Chance nutzen, dass der Preis letztlich immer im Auge des Betrachters (Käufers) liegt. Die tendenzielle Intransparenz und die grundsätzliche Vertraulichkeit eines Unternehmensverkaufsprozesses arbeiten in solchen Fällen für Sie, da die Marktpreisbildung nicht öffentlich stattfindet. Diesen Vorteil sollten Sie nutzen. Der Eigentümergewinn auf EBITDA bietet ihnen als Verkäufer aber eine einfache Methode um überhaupt zu ermitteln, welchen Kaufpreis ihre zum Verkauf stehende Firma überhaupt refinanzieren kann. Bei dieser Rechenübung sollten sie von einem Fremdkapitalzins von 4% bis 6% ausgehen und einer Tilgung von fünf bis zehn Jahren. So erhalten Sie eine erste Indikation über einen darstellbaren Kaufpreiskorridor. Natürlich ist der tatsächliche Kaufpreis manchmal auch höher als die hier aufgeführte Methodik zur Kaufpreisbandbreitenbestimmung. Dennoch ist es vernünftig, sich bereits zu Beginn aller Verkaufsaktivitäten einen realistischen Kaufpreiskorridor zu setzen. Denn der Hauptgrund, dass so viele kleinere und mittlere Unternehmenstransaktionen letztendlich scheitern, sind unrealistische Kaufpreisvorstellungen des Verkäufers.