Der Kaufvertrag: Gestaltungsmöglichkeiten von Unterschrift und Vollzug
Beim Unternehmensverkauf bildet der Kaufvertrag das Herzstück der Verhandlung, denn er beinhaltet alle finalen Vereinbarungen und Regelungen zwischen den Parteien. Doch so wichtig er ist, so groß sind auch die Verständnisprobleme, vor die er viele Inhaber stellt. Besonders die Möglichkeiten und Zusammenhänge der Unterschrift und des Vollzugs des Kaufvertrags sind kompliziert und erklärungsbedürftig. Denn hier mischen sich verschiedene Rechtsprinzipien und die unterschiedlichen Ausgangssituationen von Käufer und Verkäufer mit dem englisch geprägten Fachjargon der Transaktionspraxis. In diesem Sammelsurium von Fachbegriffen, rechtlichen Definitionen und Strukturierungsmöglichkeiten verlieren viele Inhaber schnell den Überblick und sind auf umfassende Rechts- und Transaktionsberatung angewiesen. Mit diesem Fachbeitrag versuchen wir, durch einfache Erklärungen und Definitionen ein wenig Klarheit in die Gestaltungsmöglichkeiten des Unternehmenskaufvertrags zu bringen.
Unterschrift und Vollzug des Unternehmenskaufvertrags
In der deutschen Vertragspraxis gilt es vor allem, das Prinzip des schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäfts (auch „Vertragsunterschrift“ oder „Signing“ genannt) sowie die dingliche Übertragung (auch „Vollzug“ oder „Closing“) zu unterscheiden und zu verstehen. Häufig gibt es einige aufschiebende Bedingung (auch „Vollzugsbedingungen“ oder „Closing Conditions“ genannt) zu erfüllen.
Wichtig: Das Eigentum sowie alle Chancen und Rechte, Erlöse und Lasten des Unternehmens gehen erst mit dem dinglichen Vollzug auf den Käufer über. Auch steuerlich ist der Stichtag des dinglichen Vollzugs für den Käufer und Verkäufer entscheidend.
Die nachfolgende Tabelle gibt eine Übersicht über die Abläufe und deren Bezeichnungen:
Ablauf | Deutsche Bezeichnungen | Englische Bezeichnungen |
1. | – unterschreiben – Vertragsunterschrift – schuldrechtliches Verpflichtungsgeschäft | Signing |
2. | – aufschiebende Bedingungen für die Erfüllung des Verpflichtungsgeschäfts – Vollzugsbedingungen | Closing Conditions |
3. | – vollziehen – Vollzug – dingliche Übergabe – dingliche Erfüllung | Closing |
Interessenlagen von Käufer und Verkäufer
Der Verkäufer hätte gern, dass Vertragsunterschrift und Vertragsvollzug am selben Tag durchgeführt werden. Denn nur so ist absolute Transaktionssicherheit gewährleistet, ohne das Risiko, dass die definierten Vollzugsbedingungen nicht eintreffen oder nicht eingehalten werden. Bei einer zeitlichen Diskrepanz zwischen Unterschrift und Vollzug entsteht für den Verkäufer ein Kontrollverlust, ein Schwebezustand, den er gern vermeiden würde. Häufig kann diesem Wunsch aber nicht entsprochen werden.
Denn für den Käufer sieht die Sache ganz anders aus. Er muss meist zahlreiche Bedingungen erfüllen und Zustimmungen einholen, damit er die Transaktion auch dinglich vollziehen kann. Die Lösung ist in der Regel eine Vertragsunterzeichnung mit aufschiebenden Bedingungen für die Erfüllung des dinglichen Vertragsvollzugs: Der Kaufvertrag wird zwar unterschrieben, aber sein Vollzug tritt erst in Kraft, wenn diese Bedingungen erfüllt sind. Dieses Vorgehen, bei dem Unterschrift und Vollzug in zwei unterschiedlichen Schritten erfolgen, wird auch „zweistufiges Modell“ genannt.
Häufige aufschiebende Bedingungen beim Unternehmenskaufvertrag
Aufschiebende Bedingungen für den dinglichen Vollzug können sowohl beim Verkauf von Geschäftsanteilen („Share Deal“) als auch beim Verkauf von individuellen Wirtschaftsgütern („Asset Deal“) vereinbart werden. Der Verkäufer hat natürlich ein Interesse daran, dass in den Vertrag nur sehr wenige, klare und erfüllbare Vollzugsbedingungen aufgenommen werden. Im besten Fall nur, dass der Kaufpreis gezahlt wird. Deshalb wird auch jeder Verkäufer darauf drängen, dass alle Zustimmungen und viele notwendige Handlungen, zum Beispiel eine Finanzierungsbestätigung der Bank, bereits vor der Unterschrift erfolgen. Aber das ist nicht immer möglich, zum Beispiel aus Vertraulichkeitsgründen oder behördlichen bzw. administrativen Anforderungen des Käufers. Im Folgenden haben wir beispielhaft häufige aufschiebende Bedingungen zusammengestellt:
- Gremien-Zustimmungserfordernisse für die Transaktion
- Finanzierungsvorbehalte der Banken oder Eigenkapitalgeber
- kartellrechtliche Freigaben
- Einholen von gesellschaftsrechtlichen Zustimmungen (Mitverkaufsrechte, Gesellschafterbeschlüsse etc.)
- Übertragung von wesentlichen Verträgen
- Zustimmung von Drittparteien (Kunden, Mitarbeitern, Vermietern, Lieferanten etc.)
- Haftungsentlassung der Gesellschaft, der Gesellschafter oder des Käufers
- Vorlage und einvernehmliche Verabschiedung der maßgeblichen Abgrenzungsbilanz
- Übertragung oder Einbringung von Gesellschafterdarlehen
- Herauslösen von Pensionsrückstellungen oder Immobilien aus dem Betriebsvermögen
- Entnahme von privaten Vermögensgegenständen
- Abberufung oder Neuberufung von Geschäftsführern
- Vorlage von Dokumenten
- Verlängerung von Verträgen (Mietverträgen, Kundenverträgen, Markenrechten etc.)
- Beilegung von rechtlichen Auseinandersetzungen
- Zahlung des Kaufpreises
Besonderheiten des Kaufvertrags mit getrenntem Closing
Beim „zweistufigen Modell“ entsteht zwischen Unterschrift und Vollzug ein Schwebezustand: Das Unternehmen ist zwar bereits verkauft, aber noch nicht übergeben. In diesem Fall muss der Unternehmenskaufvertrag besondere Regelungen enthalten. Nachfolgend einige Beispiele.
Regelungspunkt | Erklärung |
Verzichtserklärung | Häufig wird in den Kaufvertrag eine Regelung aufgenommen, dass der jeweils Begünstigte durch einseitige schriftliche Erklärung auf die Erfüllung einer Bedingung verzichten kann. Somit kann diese Partei situativ entscheiden, ob sie die Transaktion auch dann vollziehen will, wenn die Bedingung nicht erfüllt ist, ohne dass der Vertrag nochmals angepasst werden muss. |
Befristung | Darüber hinaus vereinbaren die Parteien in der Regel eine zeitliche Befristung, bis wann alle aufschiebenden Bedingungen erfüllt sein müssen. Das ist häufig im Interesse des Verkäufers, denn er möchte zeitliche Klarheit – und auch sanften Druck auf den Käufer ausüben. |
Rücktrittsrecht | Viele Verkäufer oder Käufer bestehen neben der zeitlichen Befristung sogar auf ein Rücktrittsrecht für den Fall, dass wesentliche und kritische Vollzugsbedingungen nicht erfüllt werden. |
Zwischenzeitraum | Der Käufer hat das Unternehmen erworben, aber die Firma wurde noch nicht dinglich übergeben. Natürlich möchte der Käufer, dass der Verkäufer in der Zwischenzeit die Geschäfte wie ein ordentlicher Kaufmann fortführt. Der Käufer wird sich bestimmte Garantien für diese Zwischenzeit geben lassen, die z. B. Mitspracherecht, Informationspflicht, Vermeidung von Vermögensabflüssen etc. betreffen. |
Gewinnbezugsrecht | Der Käufer wird erst mit dem Vollzug Inhaber. Somit hat der Verkäufer eigentlich einen Gewinnanspruch für den Zeitraum zwischen Unterschrift und Vollzug. Normalerweise werden die historischen Gewinne vorab an den Altgesellschafter ausgeschüttet und die Gewinnbezugsrechte für die Zwischenzeit an den Käufer abgetreten. |
Vollzugsdokumentation | Für einen erfolgreichen Vollzug müssen bestimmte Vollzugsvoraussetzungen erfüllt oder Vollzugshandlungen vorgenommen werden. In der Regel vereinbaren die beiden Parteien, dass zu diesem Zweck ein Vollzugsprotokoll angefertigt und anschließend, nach Abschluss aller Handlungen und Vorlagen, von beiden Seiten unterschrieben wird. |
Fazit: Definition und Gestaltung von Unterschrift und Vollzug des Kaufvertrags
Im Volksmund ist der Unternehmensverkauf eine klare Sache. In der Vertragspraxis gibt es aber einen signifikanten Unterschied zwischen dem Verkauf und dem Vollzug einer Transaktion. Deshalb sollten Inhaber sich bewusst sein, dass der Verkauf häufig nur der erste Schritt ist und der Eigentumsübergang erst nach einem erfolgreichen Vollzug erfolgt. Damit dieser Vollzug den Interessen beider Parteien entspricht, hilft man sich häufig mit dem Instrument der aufschiebenden Vollzugsbedingungen. Dieses zweistufige Übergabemodell hat einen großen Einfluss auf den Inhalt und die Regelungen des Unternehmenskaufvertrags. Dabei sollten beide Parteien alle nötigen Vereinbarungen treffen, um mögliche Risiken des „Schwebezustands“ zwischen Unterschrift und Vollzug zu vermeiden.