Die wichtigsten Kennzahlen beim Unternehmensverkauf

Jeder Inhaber versucht vor dem Einleiten eines Verkaufsprozesses über Kennzahlen einen ersten und indikativen Verkaufspreis abzuleiten. Leider fokussieren sich viele Inhaber hierbei häufig auf die falschen Kennzahlen. Vor allem einen zu starken und alleinigen Fokus auf die Umsatzgröße oder –entwicklung führt nie zu einem realistischen Verkaufspreis! Deshalb gehen wir nachfolgend eingehender auf verschiedene Kennzahlen und qualitative Aspekte ein, welche den erzielbaren Unternehmensverkaufspreis maßgeblich beeinflussen.

Welche Finanzkennzahlen spielen beim Verkauf von KMUs eine Rolle?

Vorneweg, es gibt nicht die ‚eine‘ universelle Kennzahl zur schnellen Ableitung des Firmenwertes. Im Gegenteil. Häufig betrachten Käufer die zum Verkauf stehende Firma aus unterschiedlichen Winkeln. Deshalb haben wir nachfolgend eine kurze Definition und Erläuterung einiger wichtiger Kennzahlen aufgeführt.

KennzahlenDefinition und Erläuterung
Cash-FlowDer Cash-Flow gibt an, wie die Höhe der Geldflüsse im Rahmen eines Geschäftsjahres sind. Vor allem der freie Cash-Flow dient bei einem Unternehmensverkauf nicht selten als Indikation für die Fähigkeit des Unternehmens, den Kapitaldienst (Zins- und Tilgung) für den Kaufpreis zu leisten.
EBITDie Kennzahl EBIT steht für das Ergebnis vor Steuern und Zinsen. Vor allem im Rahmen des Informationsaustausches während der Verhandlungen in Form von betriebswirtschaftlichen Auswertungen (BWAs) wird häufig das EBIT verwendet. In Deutschland wird diese Kennzahl auch das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit genannt. Die Kennzahl berücksichtigt zum einen die getätigten Investitionen in Form von Abschreibungen und gibt darüber hinaus eine gute Indikation über die Rentabilität des Unternehmens vor Zinsen und Steuern.
EBITDADie Kennzahl EBITDA (Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen) wird häufig von Unternehmenskäufern besonders intensiv untersucht. Denn diese Kennzahl lässt die Abschreibungen außen vor und gibt somit eine erste Annäherung an den operativen Cash-Flow und gibt dem Käufer eine erste Indikation, welche operativen Gewinne überhaupt zur Kaufpreisfinanzierung zur Verfügung stehen. Beim Kauf von 100% der Geschäftsanteile können nämlich keine planmäßigen Abschreibungen auf den Kaufpreis vorgenommen werden. Deshalb möchten viele Käufer das Unternehmen gerne in Form eines Asset-Deals (Kauf einzelner wirtschaftlicher Vermögenswerte) erwerben. Dadurch können Abschreibungsaufwendungen und Finanzierungskosten für das Unternehmen angesetzt werden. Somit verändert sich nach dem Unternehmensverkauf die Abschreibungshöhe (und das EBITDA) erheblich. Deshalb ist das EBITDA häufig besser als das EBIT geeignet, um Kaufpreise zu argumentieren.
GeschäftsführerlohnDie Analyse der Kennzahl ‚Geschäftsführerlohn‘ ist beim Unternehmensverkauf von KMU’s immer erforderlich. Bei allen inhabergeführten Personengesellschaften (Einzelunternehmen, GbR, KG, OHG und GmbH & Co.KG) beinhaltet weder das EBIT noch das EBITDA die Kosten für die Geschäftsführung. Deshalb muss in diesen Fällen eine marktgerechte Größe für die tatsächlich durchgeführte Arbeitsleistung des geschäftsführenden Inhabers vorgenommen werden. Bei allen GmbH’s wird der Geschäftsführerlohn als Betriebsausgabe angesetzt, womit diese Kosten sowohl im EBIT als auch im EBITDA enthalten sind. Hier gilt es nur zu prüfen, ob ein marktgerechter Lohn bezahlt wird. Hierbei kommt es sehr stark auf das Arbeitspensum und die Ausschüttungspolitik des Inhabers an. Viele Inhaber zahlen sich einen Geschäftsführerlohn oberhalb von 200.000 Euro pro Jahr. In diesen Fällen muss der Geschäftsführerlohn auf ein marktgerechtes Niveau reduziert werden. Diese Bereinigung ist somit gewinn- und kaufpreiserhöhend, dementsprechend äußerst wichtig!
Eigentümergewinn (auf Basis EBITDA)Wie oben aufgeführt hat jeder Inhaber die Möglichkeit, sich einen höheren Geschäftsführerlohn zu bezahlen oder ein höheres EBIT/EBITDA auszuweisen. Hier spielen häufig steuerliche Gründe eine Rolle. Gerade bei inhabergeführten Unternehmen ist somit EBIT nicht immer EBIT, wenn der Geschäftsführerlohn sowie alle weiteren, nicht betriebsnotwendigen Inhaberzuflüsse, nicht normalisiert werden. Deshalb verwenden wir häufig die Kennzahl des Eigentümergewinns. Dieser wird auf Basis des EBITDA, zuzüglich aller weiteren finanziellen Zuflüsse an den Inhaber, ermittelt. Im Englischen heißt der Begriff oft „owner´s cash-flow“. Folgende Bereinigungen müssen häufig zum EBITDA addiert werden: Geschäftsführerlohn, Pkw, Vorsorgeverpflichtungen, privat verursachte Reisekosten etc.. Der Eigentümergewinn ist somit auch eine indikative Größe für die Höhe möglicher Kapitaldienste und somit darstellbarer Kaufpreise.
RohertragDer Rohertrag ist die Differenz zwischen den Nettoumsätzen und den Materialaufwendungen sowie den Kosten für bezogene Leistungen. Darüber hinaus ist der Rohertrag die Summe, welcher der Inhaber innerbetrieblich verwenden kann, um seine Leistungserbringung sicherzustellen. Im Vergleich zu den Umsätzen kann jeder Inhaber über die Verteilung der Roherträge frei entscheiden. Die Kennzahl ‚Rohertrag‘ ist in vielen Situationen deutlich besser geeignet als der Nettoumsatz, um die wirkliche Größe eines Betriebs anzugeben. So haben Produktionsbetriebe und Handelsfirmen immer deutlich höhere Umsätze als reine Dienstleistungsfirmen. Dieser Umstand führt häufig dazu, dass die Preisvorstellungen, aufgrund der höheren Umsatzgrößen, fast immer vom Inhaber zu hoch eingestuft werden.
Net DebtGrößere Unternehmenstransaktionen werden häufig mit einem Brutto Unternehmenswert (Entity Value) bewertet und anschließend wird das Net-Debt (Nettoverschuldung) abgezogen bzw. addiert und der Netto Unternehmenswert (Equity Value) ermittelt. Für die Ermittlung der Nettoverschuldung gibt es unterschiedliche Ansätze. Häufig werden die Beträge für die liquiden Mittel und sonstiges Vermögen addiert und alle Verbindlichkeiten (außer für Lieferung und Leistung) abgezogen. Die Annahme bei dieser Bewertungsmethode ist, dass Anlagevermögen benötigt wird und dass das umlaufende Arbeitskapital (kurzfristiges Umlaufvermögen minus kurzfristige Verbindlichkeiten aus Lieferung und Leistung) für den Fortbetrieb Voraussetzung ist. Beide Annahmen passen nicht immer. Dennoch sollte jeder Inhaber sich bewusst sein, dass zusätzliche Liquidität kaufpreiserhöhend ist und externe Verbindlichkeiten den Kaufpreis vermindern.

Die Wichtigkeit der Kennzahlen hängt vom Geschäftsmodell ab!

Jedes Unternehmen ist einzigartig. Wir sind ein großer Fan von einer individuellen Betrachtung, da pauschale Ansätze der Situation und der Individualität der jeweiligen Firma selten gerecht werden. Dennoch können wir nach über 100 Unternehmensverkäufen einige generelle Aussagen für einzelne Geschäftsmodelle und die hier wichtigen Kennzahlen geben. Nachfolgend eine kurze und allgemeine Zusammenstellung:

KennzahlenDefinition und Erläuterung
DienstleistungsunternehmenBei Dienstleistungsunternehmen ist der Umsatz (da meistens auch Rohertrag) eine erste gute Indikation für die Größe des Betriebes. Darüber hinaus kommen bei solchen Firmen der Gewinnmarge, dem Stundensatz, der Akquiseform sowie der Inhaberabhängigkeit größte Bedeutung für die Kaufpreisermittlung zu.
OnlineshopEin Onlineshop ist meist eine Handelsfirma. Bei allen Handelsfirmen ist der Rohertrag die wichtigste Kennzahl. Diese gibt die wirkliche Größe an. Darüber hinaus stellen die Besucherzahlen, die Konvertierungsrate sowie die Marketingaufwendungen (Google AdWords oder Blog/Podcast/Sozial Media etc.) nicht unwesentliche Werttreiber dar. Ein Onlineshop ist letztendlich ein Verkaufskanal. Dementsprechend gilt es, die Qualität und die Stärke dieses geschaffenen Vertriebskanals im Rahmen eines Verkaufs durch geeignete Kennzahlen zu untermauern.
Software FirmaSoftware Unternehmen bieten die Möglichkeit mit nahezu Null Grenzkosten weitere Umsätze zu generieren. Allerdings gingen in den letzten Jahren die Erträge für viele Softwareanwendungen stark zurück. Darüber ist der Trend ‚weg vom Vertrieb von Einmal-Lizenzen mit anschließenden lukrativen Serviceverträgen‘ hin zu ‚monatlichen Mietgebühren‘ (Software-as-a-Service) unaufhaltbar. Dementsprechend wird die Anzahl der zahlenden Kunden und die Langfristigkeit dieser Verträge immer wichtiger, um die Unternehmenswerte von Software Unternehmen zu ermitteln. Natürlich gibt es auch Transaktionen, wo letztendlich nicht das Unternehmen sondern der Verkauf der entwickelten Software im Fokus steht. Bei solchen Projekten steht dann vor allem die Softwarefunktionalität im Vordergrund.
HandelsunternehmenHandelsunternehmen leben vom günstigen Einkauf und margenstarkem Verkauf. Somit ist der Rohertrag eine der wichtigsten Kenngrößen für viele Handelsunternehmen. Darüber hinaus wird häufig die Größe und der Zustand des Warenlagers nicht unerheblich den Kaufpreis mitbestimmen. Die Nachhaltigkeit des Handelsgeschäftsmodells wird im Rahmen der Due Dilligence und mit Blick auf die Onlineentwicklungen (bei Konsumerprodukten Amazon, EBAY und Zalando) genauestens untersucht.
ProduktionsbetriebBei Produktionsbetrieben stehen häufig die individuellen Produktmargen im Vordergrund. Darüber hinaus spielen oft die Produktmerkmale und die Alleinstellungsmerkmale eine Rolle. Auch der Produktschutz mit zum Beispiel Patenten, Marken und Gebrauchsmustern wird immer wichtiger.

Qualitative Kennzahlen

Neben den quantitativen Kennzahlen und dem Geschäftsmodell gibt es einige allgemeine und qualitative Aspekte, welche einen entscheidenden Einfluss auf Unternehmensverkäufe im Bereich der kleineren und mittleren Unternehmen haben. Nachfolgend einige wichtige Punkte.

Qualitt

KennzahlenDefinition und Erläuterung
KundenabhängigkeitViele KMUs sind mit ihren Kunden gewachsen. Bei einem Unternehmensverkauf wird jeder Käufer genau prüfen, wie hoch die Kundenabhängigkeit bzw. der Umsatzbeitrag einzelner Kunden zum Gesamtumsatz ist. Hier gilt die Regel ‚je mehr Kunden umso besser‘ und ‚je geringer der größte Beitrag eines Individualkunden, umso besser‘.
Arbeitspensum des InhabersDie Arbeitsleistung des Inhabers sollte durch den Geschäftsführerlohn abgegolten sein. Dennoch macht es einen großen Unterschied, ob ein Inhaber 5 Stunden am Tag arbeitet oder ob er 12 Stunden und auch am Wochenende arbeitet. Darüber hinaus wird im Rahmen der Betriebsprüfung auch immer analysiert, ob der Inhaber und seine heutigen Tätigkeiten überhaupt ersetzt werden kann und wenn ja, zu welchen Kosten oder mit welchem personellen Mehraufwand? Häufig haben sich Inhaber ein sehr breites unternehmerisches, branchenspeziefisches und technisches Wissen angeeignet und dieses gilt es, für den Käufer, nach einem Kauf zu ersetzen. Hierbei gilt: Je weniger die Leistungserbringung (Tagesgeschäft u.a. Vertrieb, Abwicklung und technische Koordination) vom Inhaber durchgeführt wird, desto wertvoller ist Ihr Unternehmen.
OrganisationEs gibt viele kleine Firmen, welche eine sehr schlanke Organisation haben. Dies sorgt für geringere Fixkosten und eine hohe Marge. Beim Unternehmensverkauf geht es dem Käufer allerdings vor allem darum, dass die Firma auch nach dem Kauf kurz- bis mittelfristig ohne den Altinhaber läuft. Deshalb ist es für die Know-how Konservierung wichtig, dass es weitere personelle Säulen in der Organisation gibt. Ein Verkaufsleiter, ein Prokurist, ein technischer Leiter oder ein zweiter Geschäftsführer sorgen hier für ein geringeres Risiko. Darüber hinaus sollten die Stellschrauben Prozesse, IT und Organisationstruktur im Rahmen der Verkaufsvorbereitung sowie der Vermarktung verkaufsfördernd eingebracht werden. Je breiter die Firma aufgestellt ist, desto höher der Verkaufspreis
GeschäftsmodellJedes Geschäftsmodell hat seine Vorteile und Eigenheiten. So können Einzelhandelsunternehmen nur schwer und mit niedrigen Preisen verkauft werden. Dies liegt vor allem an der hohen Anwesenheitspflicht, dem Warenlager, den hohen fixen Mietkosten etc.. Handelsfirmen sind deutlich begehrter, da hier meist die Komplexität der Produktentwicklung, Zertifizierung, Dokumentation etc. entfällt. Deshalb muss vor einem Unternehmensverkauf das vorhandene Geschäftsmodell analysiert werden und die Vorteile optimal an die richtige Käufergruppe vermarktet werden.

Fazit: Die wichtigsten Kennzahlen beim Unternehmensverkauf

Wir müssen der – verständlichen – Bestrebung nach der ‚einen‘ Kennzahl und einer schnellen Verkaufsermittlung leider eine Absage erteilen. Es gibt nicht diese ‚eine‘ Kennzahl und die vereinfachte Umsatzorientierung führt selten zu einem erzielbaren Verkaufspreis. Wir haben aufgezeigt, dass man mehrere finanzielle Kennzahlen, aber eben auch qualitative Aspekte sowie Geschäftsmodellspezifische Kennzahlen bzw. Rahmenbedingungen betrachten und in die Vermarktung optimal einbauen muss. Dazu wird langjährige Erfahrung mit dem Verkauf von Unternehmen benötigt. Vor allem die Betrachtungsweise des Käufers und die Kenntnisse der Vorteile- bzw. Nachteile einiger Geschäftsmodelle müssen gekonnt im Rahmen der Vermarktung eingebaut werden.

Jeder erfolgreiche Verkäufer muss seinen Verkaufsgegenstand bestens kennen und eine nachvollziehbare Verkaufsstrategie- und –argumentation erstellen. Ein Unternehmens-Broker ist für genau diese Aufgabe langjährig ausgebildet und verhandlungserprobt. Deshalb kann ein Unternehmens-Broker auch ohne großen Aufwand und im Rahmen eines 15-minütigen ersten Gespräches bereits eine Preisindikation oder generelle verkaufsfördernde oder hemmende Aspekte klar benennen.

Für Fragen stehen wir Ihnen gerne und jederzeit zur Verfügung.