Einflussfaktoren und der richtige Zeitpunkt beim Unternehmensverkauf

Die jüngere Generation spricht vom „optimalen Zeitpunkt“ und die älteren Inhaber fragen, was der „richtige Zeitpunkt“ für ihren Firmenverkauf ist? Letztendlich kann man den richtigen Zeitpunkt immer nur rückblickend bewerten. Dennoch lassen sich grob vier wesentliche Einflusskategorien definieren, welche den Erfolg und somit den Zeitpunkt des eigenen Unternehmensverkaufs maßgebend beeinflussen. Wir gehen in diesem Fachbeitrag auf diese vier Faktoren ein und geben Ratschläge, welche Faktoren wohl die entscheidenden sind, damit Sie den richtigen Zeitpunkt beim Unternehmensverkauf für sich nutzen können!

Generelle makroökonomische Faktoren

In dieser Kategorie lassen sich viele Faktoren benennen. Die wohl wichtigsten sind folgende:

FaktorenEinfluss auf den Unternehmensverkauf
Tiefe ZinsenDer Kaufpreis wird selten mit 100% Eigenkapital vom Käufer aufgebracht. Somit haben die aktuell tiefen Zinsen einen nicht unerheblich positiven Effekt auf die erzielbaren Kaufpreise. Momentan werden Firmenverkäufe mit ca. 5 bis 6% Zinsen finanziert. Die Tilgung liegt normalerweise bei 10%  bis 20% pro Jahr.
KonjunkturDas Jahr 2008 und 2009 war ein schwieriges Jahr für Unternehmensverkäufe, da die weltweite Wirtschaftskrise den Zukunftsausblick massiv eintrübte. Viele Investitionen wurden zurückgehalten, Kosten angepasst und Personalaufbau kam zum Stillstand. In 2016 steht die wirtschaftliche Entwicklung auf stabilen Beinen und viele Bereiche florieren und machen gute Geschäfte. Der Zukunftsausblick ist somit aktuell eher verkaufsfördernd als noch vor einigen Jahren. Wie lange die Situation anhält, weiß niemand.
Geopolitische SituationVor allem exportabhängige Unternehmen unterliegen immer globalen und regionalen Faktoren. So kämpfen einige Branchen und Unternehmen mit der russischen Sanktionspolitik. In anderen Bereichen sind die globalen Einkaufs- oder Absatzpreise an den Dollar gekoppelt. Momentan haben wir einen weichen und exportgünstigen Euro, welche viele produzierende Unternehmen im Absatz eher beflügelt. Wie sich die internationalen Krisenherde sowie die Währungen entwickeln, weiß niemand. Allerdings haben diese einen nicht unerheblichen Einfluss auf den allgemeinen Geschäftsausblick und somit auf den Markt für Unternehmenskäufe.

Branchenspezifische Faktoren

Jede Branche hat ihre eigenen Gesetze und unterliegt unterschiedlichen Änderungen. Deshalb sind die nachfolgend aufgeführten Faktoren eher allgemein gehalten.

FaktorenEinfluss auf den Unternehmensverkauf
Einfluss des InternetsDas Internet und dessen weiterer Vormarsch haben wohl den größten Einfluss auf die Zukunftsfähigkeit von zahlreichen Branchen und Geschäftsmodellen. Der Einzelhandel, die Banken, die Fluggesellschaften aber auch viele kleinere Onlineshops leiden unter der neuen Preistransparenz und schnellen Vergleichbarkeit der Angebote. Langfristig wird das Internet wohl alle Branchen beeinflussen, da die Anforderungen an das Marketing kontinuierlich steigen. Jede Firma muss über kurz oder lang eine Medienfirma sein, damit Sichtbarkeit sowie die Neukundenakquise zukünftig sichergesellt werden können.
BranchenkonsolidierungDie Absatzmöglichkeiten im Einzelhandel konzentrieren sich schon länger auf ein paar große Player. Nicht nur im Discounter-Online-Konsumgüterbereich (Amazon, EBAY oder Zalando), auch in anderen Bereichen werden die kleinen Hersteller oder Vertriebskanäle von den großen aufgekauft und verknappen die Absatz- oder Bezugsmöglichkeiten. Der einhergehende Preisdruck sowie die Abhängigkeiten von Lieferanten drücken auf die Margen und auf den positiven Ausblick von vielen Unternehmen. Auch wenn Ihre Branche diesem Trend noch trotzt, langfristig konvergieren viele Branchen zu einem Oligopol und drücken kleine und mittlere Unternehmen in die Nischen. Diese können unter Umständen sehr profitabel sein aber niemand weiß genau, wie lange dieser Zustand anhält.
Monopolisierung der Vermarktungs- und VertriebskanäleLange haben wir uns über die kostenlose Suche bei Google gefreut. Mittlerweile hat Google das wohl größte Marketingmonopol. Die fetten Jahre mit günstigen und effektiven Google AdWords Kampagnen sind vorbei. So ergeht es aber auch anderen Kanälen. Ach jüngere und noch erfolgreiche Unternehmen wie EBAY, Facebook, Amazon, Youtube und weitere Plattformen führen über kurz oder lang ins Monopol und bescheren vor allem den Monopolisten satte Gewinne. Die Suche und Nachfrage nach neuen Vertriebskanälen steigt und damit die Preise für Inserate, Verkäufe oder Werbung auf diesen Plattformen.
Steigende Personalkosten und Zwang zur AutomatisierungFachkräftemangel ist nicht in allen Bereichen gleichmäßig verteilt. Vor allem Dienstleistungsunternehmen leiden stark unter dem Mangel an Fachkräften und den einhergehenden steigenden Personalkosten. Da die Anforderungen an das zukünftige Personal kontinuierlich steigen, wird sich der Kampf um die fähigen und bezahlbaren Talente in den nächsten Jahren weiter intensivieren. Gleichzeitig wird der Zwang zur Automatisierung von vielen Geschäftsprozessen und –abläufen weiter zunehmen und somit die EDV Kosten nicht sinken lassen – eher im Gegenteil.
ZeitgeistEs kommt einem so vor, als ob jedes Jahr eine neue Sau durchs Dorf getrieben wird. Heute sind Online Agenturen wie AdWords und SEO (Search Engine Optimization) „hot“ und morgen redet die ganze Welt nur von „big data“, „Franchising“, „ERP Software“ oder „E-Mobility“. Wenn eine Branche hier ein brandheißes Thema ausmacht und ein Inhaber genau in dieser Situation verkaufen kann, dann sind außerordentliche Preise möglich. Wobei hier den „richtigen Zeitpunkt“ zu finden wohl die große Herausforderung ist.

 

Unternehmensinterne Faktoren

Wie jede Branche so ist auch jede Firma ein Unikat. Dennoch lassen sich einige allgemeine Faktoren für unternehmensinterne Faktoren ableiten. Nachfolgend führen wir einige maßgebliche Faktoren auf, welche den Zeitpunkt beim Unternehmensverkauf beeinflussen.

FaktorenEinfluss auf den Unternehmensverkauf
Unternehmensphase / VerkaufsstoryEin Start-up lässt sich in den seltensten Fällen gut verkaufen. Gleiches gilt für Unternehmen mit stark rückläufigen Erträgen. Somit spielt die aktuelle Unternehmensphase keine unerhebliche Rolle beim Zeitpunkt des optimalen Unternehmensverkaufs! Käufer suchen nach etablierten Unternehmen mit einer erfolgreichen Historie sowie einem positiven Zukunftsausblick. In diesem Zusammenhang ist die Verkaufsstory nicht unerheblich. Eine Firma mit stark wachsenden Umsätzen und Erträgen beflügelt jeden Verkauf. Flukturierende Umsätze und Erträge oder gar sinkende Erträge sind eher ein Dämpfer im Rahmen des Verkaufsprozesses und stellen den Zeitpunkt in Frage.
OrganisationsstatusSogenannte „One-man-shows“ oder „One-man-bands“ sind fast nicht zu verkaufen. Aber auch Unternehmen, in denen der Inhaber 16 Stunden und 7 Tage die Woche arbeitet, stellen kein einfaches Verkaufsmandat dar. Die entscheidende Frage ist, ob die zum Verkauf stehende Firma auch nach dem Verkauf ohne den Inhaber ertragreich funktioniert? Hierfür sind EDV-gestützte Prozesse, eine ausgewogene personelle Organisation sowie nachvollziehbare Prozesse die Stellschrauben für einen erfolgreichen Verkauf. Jeder Inhaber kann selbst am besten entscheiden, ob ein anderer Inhaber (Käufer) seine Firma erfolgreich weiterführen kann oder ob es noch breiterer innerbetrieblicher Strukturen bedarf. Die Schlüssel sind häufig: Viele Kurzurlaube, klare Prozesse und gut geschultes Personal!
Innovationen / InvestitionszyklusInnovationen sorgen für Differenzierung und nach der ersten Anlaufinvestition hoffentlich für große zukünftige Erträge. Dementsprechend sind Produktinnovationen im Rahmen eines Verkaufsprozesses wie ein Brandbeschleuniger. Hier sollte man aber zwischen Erfindungen und bereits eingeführten (und somit demonstriertem Marktpotential) unterscheiden. Deshalb lohnt es sich meistens, diesen Beweis der Marktakzeptanz als Inhaber durch erste Verkäufe oder Projekte noch zu erbringen. Somit kann man die bereits getätigten Investitionen auch als Firmenwert verkaufen. Im Gegenteil, wenn große Investitionen in die Produktentwicklung, das Marketing oder den Maschinenpark nach dem Verkauf zwingend erforderlich sind, dann drückt das immer den realisierbaren Verkaufspreis. Somit gilt es sorgfältig abzuwägen, was den richtigen Zeitpunkt für den Verkauf betrifft.

 Senior Couple Shaking Hand With Insurance Agent

Private Faktoren

Nicht nur jede Branche und Firma ist einzigartig sondern auch jeder Inhaber. Deshalb können eine Verkaufsentscheidung und der optimale Zeitpunkt dafür nicht ohne die Berücksichtigung der Rahmenbedingungen und Präferenzen des Inhabers erfolgen. Die privaten Bedingungen werden häufig stark unterschätzt, obwohl Sie nicht selten die Wichtigsten darstellen!

FaktorenEinfluss auf den Unternehmensverkauf
Lebensqualität / Neuer LebensabschnittNicht selten möchten erfolgreiche Unternehmer nach all den Jahren des Auf- und Ausbaus etwas mehr Lebensqualität oder einfach einen neuen Lebensabschnitt einläuten. Mehr Wachstum ist schon lange keine Motivation mehr sondern eher mit mehr Arbeit und weniger Lebensqualität verbunden. Das sind in der Regel alles Anzeichen, dass nun der richtige Zeitpunkt zum Verkauf gekommen ist, da die Motivation und die Freude am Ausbau der eigenen Firma meistens immer weiter sinken. Nicht selten wird in diesen Situationen sogar Firmenwert vernichtet oder liegen gelassen, da alle Marktchancen nicht genutzt und anderen Marktteilnehmern überlassen werden.
Gesundheit und FamilieDas Unternehmertum fordert vollen Einsatz und viel Energie. Nicht selten leiden die Familie und die eigene Gesundheit unter diesem Spagat und Kraftakt. Deshalb sollte jeder Inhaber sehr genau auf seine innere Stimme sowie die gesundheitlichen Anzeichen hören. Wir haben schon einige Inhaber kennengelernt, welche sich ins Krankenhaus gearbeitet haben oder ihre Firma auf Kosten der Familie ausgebaut haben. Beides ist nicht erstrebenswert. Darüber hinaus sollte die eigene Firma Freude machen und weder die Familie noch die eigene Gesundheit negativ beeinflussen. Ansonsten ist es wohl Zeit etwas zu ändern und der ideale private Zeitpunkt, die Firma zu verkaufen!
Finanzielle AbsicherungFür viele Inhaber ist die eigene Firma wohl der größte Vermögenswert. Dieser Wert ist von so vielen Faktoren (siehe oben) abhängig und die Zukunft können wir leider alle nicht vorhersehen. Deshalb macht es absolut Sinn, finanzielle Vorkehrungen zu treffen. Wir haben es selten erlebt, dass Inhaber erst mit dem Verkauf der Firma reich werden. Meistens erreichen erfolgreiche Inhaber bereits mit dem langjährigen Betrieb der Firma einen gewissen Wohlstand. Somit stellt der Verkauf nur die Krönung einer erfolgreichen Unternehmerkarriere dar. In diesem Zusammenhang lassen sich viele Inhaber von den Zahlen irritieren. Es muss dann schon ein 1,5 Millionen Euro Verkauf sein, da die Steuern und Kosten ja noch abgehen und viele Inhaber wollen mindestens eine Million Netto mit dem Verkauf erlösen. So oder ähnlich hören wir solche Gedanken immer wieder von vielen Inhabern. Das ist aber der komplett falsche Ansatz. Sorgen Sie lieber dafür, dass Sie mit dem Betrieb der Firma Geld verdienen. Das ist in den meisten Fällen die Grundlage für einen erfolgreichen und wertschöpfenden Verkauf!
Alter/NachfolgeregelungEine altersbedingte Nachfolgeregelung ist nicht einfach. Das liegt immer daran, dass viele Inhaber unnötigerweise den Unternehmensverkauf auf die lange Bank schieben. Wenn Sie 55 Jahre alt sind und es zeichnet sich ab, dass Sie keinen familien- oder betriebsinternen Nachfolger haben, dann fangen Sie an, das Thema Nachfolgeregelung auf die Agenda zu setzen und beginnen die Verkaufsaktivitäten. Im schlimmsten Fall begleiten Sie den Käufer eben noch ein paar Jahre als Berater, Partner, Mitgesellschafter oder Mitarbeiter. Zu langes Warten und Zögern führt in den seltensten Fällen in den letzten Jahren noch zu einer Firmenwertsteigerung.

 

Fazit: Zeitpunkt Unternehmensverkauf

Ich hätte Ihnen auch gerne eine kürzere und einfachere Antwort gegeben. Allerdings spielen beim richtigen Zeitpunkt eben zahlreiche Faktoren mit. Deshalb sollte man die Entscheidung auch nicht nur von einem dieser Faktoren abhängig machen, sondern immer versuchen, die externen Faktoren (und nicht beeinflussbaren) mit innerbetrieblichen sowie privaten Faktoren in Einklang zu bringen. Ich habe noch nie einen Unternehmensverkäufer kennengelernt, welcher mit mir über den falschen Zeitpunkt gesprochen hat. Im Gegenteil, alle Verkäufer freuen sich über den Erfolg, den erzielten Verkaufspreis sowie über den neuen Lebensabschnitt. Letztendlich können wir als Unternehmens-Broker auch immer nur Optionen für Sie generieren. Ein Unternehmensverkauf dauert in den meisten Fällen fast ein Jahr und in diesem Zeitraum können viele Dinge passieren. Wenn Sie es heute starten, dann tragen Sie nur das Risiko der nächsten 12 Monate. Wenn Sie den Verkauf erst in 12 Monaten starten, dann unterliegen Sie dem Risiko von 24 Monaten – eine lange Zeit und somit ein deutlich höheres Risiko!