Ermittlung des Unternehmenswertes durch einen EBIT Multiplikator

Es gibt zahlreiche Unternehmensbewertungsverfahren und teilweise wird aus der Berechnung bewusst eine undurchsichtige und komplexe Wissenschaft gemacht. Die Unternehmensbewertung mit einem EBIT Multiplikator (Operatives Ergebnis bevor Steuern und Zinsen) ist eine vereinfachte Unternehmensbewertung. Bei diesem Bewertungsverfahren wird das bereinigte EBIT des Unternehmens mit einem branchen-üblichen EBIT-Multiplikator multipliziert und anschließend die Nettoverschuldung von diesem Wert abgezogen. Das EBIT Multiplikationsverfahren ist nicht geeignet, um eigenständig belastbare Unternehmenswerte festzulegen oder gar erzielbare Unternehmensverkaufspreise anhand der Berechnungsergebnisse abzuleiten. Die Bewertungsergebnisse stellen eher eine Indikation dar und unterstützen den Wunsch nach einer schnellen, einfachen und vergleichbaren Unternehmenswertermittlung. Aufgrund der überschaubaren Komplexität und der einfachen Ermittlung gewinnt das Verfahren seit Jahren an Stellenwert in der Bewertung von KMUs und wird häufig in Verkaufsverhandlungen für die Argumentation von Kaufpreisen eingesetzt. Deshalb sollte jeder Verkäufer zumindestens die Grundidee, die einzelnen Parameter sowie die Ermittlung kennen, damit er für die anstehenden Unternehmenskaufpreisverhandlungen entsprechend vorbereitet und gewappnet ist.

EBIT-Ermittlung

Das EBIT kann auch als operatives Ergebnis vor Steuern und Zinsen bezeichnet werden und diente historisch vor allem für den Vergleich von internationalen Unternehmen. Der Bewertungsfokus liegt auf der operativen Ertragskraft der Unternehmung ohne Berücksichtigung der lokalen Besteuerung (Körperschaft- und Gewerbesteuer) und der vorhandenen Kapitalstruktur (Mix aus Eigen- und Fremdkapital). Somit ist das EBIT eine geeignete Kennzahl für die wirtschaftlich operative Ertragskraft. Es untermauert die Verschiebung des Fokus von der früheren Substanzwertorientierung hin zur heutigen Ertragswertorientierung bei der Ermittlung von Unternehmenswerten. Die Grundidee ist immer, dass der Kaufpreis einer Firma aus den „zukünftigen“ Erträgen refinanziert werden muss. Das EBIT Multiplikationsverfahren erfüllt diese Bedingung allerdings nur bedingt, da zwar der Ertrag (in Form des EBITs) berücksichtigt wird, aber eben nur der historische und nicht der zukünftige Ertrag. Das EBIT kann auf zwei verschiedene Weisen ermittelt werden, welche hier kurz dargestellt werden:

Direkte Berechnung EBITIndirekte Berechnung EBIT
+ Umsatzerlöse+ Jahresüberschuss
+ Sonstiger betrieblicher Ertrag+ Außerordentlicher Aufwand
–       Materialaufwand–       Außerordentlicher Ertrag
–       Personalaufwand+ Steueraufwand
–       Abschreibungen–       Steuerertrag
–       Sonstiger betrieblicher Aufwand+ Zinsaufwand
+ Erträge aus Finanzanlagen–       Zinsertrag
= EBIT= EBIT

 

Bereinigung des EBITs

Die Bilanzen und Erfolgsrechnungen von kleineren und mittelständischen Unternehmen weisen in der Regel einen zu niedrigen Gewinn aus. Dies liegt oft an der Bestrebung des Unternehmers seine Steuerlast zu reduzieren, seine Liquidität zu schonen und daran, dass sich bei inhabergeführten Betrieben die private und betriebliche Ebene vermischen. Deshalb müssen die vergangenen und offiziellen Erfolgsrechnungen in der Regel bereinigt werden, damit die wirkliche Ertragskraft für einen Käufer aufgezeigt werden kann. Unten sind einige Beispiele für Bereinigungen aufgeführt:

  • Hinzurechnen von nicht betriebsnotwendigen Aufwendungen, z.B. private Ausgaben wie Reisespesen, Kfz-Kosten,  Handyrechnungen, Löhne für Angestellte und  Familienmitglieder etc.
  • Subtraktion von außerordentlichen Erträgen
  • Korrekturen zur Ermittlung eines periodengerechten Erfolgsausweises, z.B. periodengerechte Bewertung halbfertiger Arbeiten zu anteiligen Erlösen, periodengerechte Zuordnung wesentlicher aperiodischer Aufwendungen und Erträge wie etwa aus Bildung und Auflösung von Rückstellungen
  • Bereinigung um personenbezogene und andere spezifische Erfolgsfaktoren, z.B. Berücksichtigung eines marktüblichen und kalkulatorischen Unternehmerlohns für die Arbeitsleistung des Inhabers (Verkäufers)

Festlegung EBIT Multiplikator

Die branchenspezifischen Besonderheiten finden durch den EBIT Multiplikator Eingang in die Bewertung. Die Zeitschrift “finance-magazine” erfasst für verschiedene Unternehmensgrößen und Branchen den EBIT Multiplikator, welcher für Unternehmen in der entsprechenden Kategorie durchschnittlich bezahlt wurde. Vorsicht! In diesem Zusammenhang sind Small Caps vom finance magazine als Unternehmen mit einem geringeren Umsatz als 50 Mio. EUR definiert.

Diese öffentlich zugänglichen Multiplikatoren sind jedoch mit großer Vorsicht zu genießen, da die Werte auf eher größeren Transaktionen (>25 Mio. EUR) basieren. Die meisten kleineren und mittelständischen Unternehmensübergaben müssen nicht, aufgrund von gesetzlichen oder  regulatorischen Vorgaben, veröffentlicht werden. Im Gegenteil. Die Vertragsparteien vereinbaren in aller Regel Stillschweigen über den Kaufpreis und die Vertragskonditionen. Somit enthält die Statistik und Auswertung oben eher die größeren und öffentlich zugänglichen Transaktionsinformationen. Laut des Instituts für Mittelstandsforschung in Bonn wird die Masse (99%) der Unternehmensnachfolgen allerdings mit einem Geschäftsvolumen unterhalb von 25 Millionen verkauft.

Nach unserer Erfahrung ist für kleinere und mittelständische Betriebe der erzielbare EBIT Multiplikator eher kleiner als oben angegeben. Dies liegt vor allem an den höheren Abhängigkeiten und somit an den deutlich höheren Risiken im Vergleich zum Kauf von größeren Betrieben. Auch bei KMUs kann es immer wieder Ausnahmen geben, bei denen der bezahlte EBIT Multiplikator deutlich höher ist als oben angegeben, da es sich in der Tabelle eben nur um Durchschnittswerte handelt. Für einen höheren EBIT Multiplikator müssen aber die qualitativen Voraussetzungen, wie z.B. Unternehmenswachstum, Inhaberunabhängigkeiten, Unternehmensattraktivität für Käufer etc. gegeben sein und die Firma auf einen Verkauf optimal vorbereitet sein. Siehe hierzu unseren Fachbeitrag Aktive Verkaufsvorbereitung als Chance für betriebliche Optimierung.

Somit sollte der gewählte EBIT-Multiplikator durch Erfahrung plausibilisiert und individuell bestimmt werden. Hierzu bedarf es jahrelanger Erfahrung mit dem Verkauf von KMUs und der Argumentation der Käuferseite. Die einfache und teils beliebige Festlegung des EBIT-Multiplikators macht die Methode einfach und schnell, aber eben auch sehr anfällig für subjektive Einschätzung und Präferenzen des Bewerters.

Finale Berechnung des Unternehmenswertes

Bei dem Multiplikationsverfahren wird der bereinigte EBIT des Unternehmens mit einem EBIT Multiplikator multipliziert und anschließend die Nettoverschuldung von diesem Brutto-Unternehmenswert abgezogen, um den Netto-Unternehmenswert zu erhalten.

Netto Unternehmenswert = (Bereinigtes EBIT x EBIT Multiplikator) – Netto Verschuldung

In diesem Zusammenhang wird die Nettoverschuldung folgendermaßen definiert: Diese besteht aus den Finanzschulden des Unternehmens (Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten und Gesellschafterdarlehen). Die flüssigen Mittel (Kasse und andere geldähnliche Dinge, wie z.B. Bankguthaben oder börsengängige Wertpapiere) werden dagegen gerechnet.

Fazit:

Das EBIT Multiplikationsverfahren dient eher als Indikation und Vorbereitung auf die Käuferargumentation. Viele Käufer haben den Wunsch nach einer einfachen und schnellen Wertorientierung mit einem EBIT Multiplikator (wie z.B. 5 oder 7), um Unternehmenspreise selbstständig  zu ermitteln und um damit zu argumentieren. Eine marktgerechte Festlegung des EBIT-Multiplikators bedarf jedoch jahrelanger Erfahrung mit Unternehmensverkäufen und realisierbaren Preisen im Bereich KMU. Eine Schwachstellte der Methode liegt im außeracht lassen der individuellen Zukunftsprognose und der fehlenden Berücksichtigung zukünftiger Erträge. Somit ist das Verfahren sehr stark vergangenheitsorientiert und bietet Vorteile (hohes EBIT in der Vergangenheit) und Nachteile (Nichtberücksichtigung von zukünftigen positiven Entwicklungen) für einen Verkäufer. Dennoch gewinnt das Verfahren durch die Einfachheit, und somit durch die Möglichkeit einer schnellen Bewertung, immer stärker an Bedeutung. Vor allem die Kennzahl EBIT und deren Stellenwert sollten von Unternehmensverkäufern nicht unterschätzt werden. Im Gegenteil. Ein Käufer sollte die Bewertung mit einem EBIT Multiplikator durchführen, damit Verkaufs- und Preisverhandlungen letztendlich gut vorbereitet und damit erfolgversprechend geführt werden können.