Fix oder variabel? – Kaufpreisfestlegung in Unternehmenskaufverträgen
Unternehmen werden bekanntlich nicht über Nacht verkauft, sondern in der Regel gehen einer vertraglichen Einigung mehrmonatige intensive Verkaufsverhandlungen u.a. über die Kaufpreisfestlegung voraus. Viele Unternehmensverkäufer gehen dabei ausschließlich von einem festen Kaufpreis aus, der dann im Vertrag festzuhalten ist. Die Vorteile scheinen auf der Hand zu liegen: Eindeutiger und einfacher geht es nicht mit der Kaufpreisfestlegung. Dies mag in einigen Fällen tatsächlich zutreffen. In der Praxis haben sich allerdings drei verschiedene Gestaltungen für die vertragliche Kaufpreisfestlegung heraus kristallisiert, welche häufig bei Unternehmenskaufverträgen im Bereich KMU Anwendung finden – und die jeweils ganz individuelle Vor- und Nachteile mit sich bringen können.
Dieser Artikel zielt deswegen nicht darauf ab, ein bestimmtes Modell zur Kaufpreisfestlegung zu propagieren, sondern möchte alle wesentlichen Modelle kurz und übersichtlich erklären. Erfahrene Unternehmens-Broker können ihre Mandanten nach einer eingehenden Situationsanalyse umfassend beraten und dann auch tatsächlich das ein oder andere Modell als akzeptable Lösung, bzw. umsetzbaren Kompromissvorschlag einbringen. Dies gilt vor allem, wenn die Verhandlungen und die Durchsetzung von Idealpositionen ins Stocken geraten. Vereinfacht lassen sich die häufigsten Modelle zur Kaufpreisfestlegung in Unternehmenskaufverträgen wie folgt beschreiben:
1. Fixer Kaufpreis
2. Fixer plus erfolgsabhängiger Kaufpreisteil (Earn-Out-Klausel)
3. Kaufpreis mit nachträglicher Anpassungsklausel
Kaufpreisfestlegung Modell 1: Fixer Kaufpreis
Das Model wird in der Fachsprache auch „Locked-In Model“ genannt. Hier wird im Kaufvertrag ein fester, unabänderlicher Kaufpreis vereinbart. Der Ansatz hat den Vorzug, dass ein Verkäufer genau weiß, welchen Kaufpreis er mit dem Verkauf letztendlich erzielt. Für viele Unternehmer ist diese Gewissheit beruhigend: „Was man hat, das hat man“. Ein Unternehmenskäufer erhält eindeutige Klarheit über die genaue Höhe des Unternehmenskaufpreises und kann seine Finanzierung entsprechend punktgenau auf diese Höhe abstellen. Mit unangenehmen Überraschungen nach der Übernahme, bzw. abhängig vom betrieblichen Verlauf der Folgejahre, muss er also nicht mehr rechnen. Die Planbarkeit hat für den Unternehmenskaufvertrag weitreichende Konsequenzen: Der Verkäufer muss dem Käufer umfangreiche Garantien über den Zeitverlauf vom letzten Jahresabschluss bis zum Zeitpunkt des Vertragsvollzugs abgeben. Die Garantien umfassen oft die Punkte, dass in der Zwischenzeit keine Dividende ausgeschüttet, keine Werte abgezogen oder entnommen und keine Geschäfte außerhalb des ordentlichen Geschäftsverlaufs eingegangen wurden sowie, dass die Firma mit einem bestimmten Eigenkapital und einer bestimmten Liquidität übergeben wird. Die Regelung findet oft Anwendung, wenn Firmen im ersten Halbjahr eines Kalenderjahres übernommen werden, da hier meist neben einer fixen Kaufpreisfestlegung eine rückwirkende Übernahme (wie z.B. zum 1.01.2014) vereinbart wird.
Kaufpreisfestlegung Modell 2: Fixer plus erfolgsabhängiger Kaufpreisteil (Earn-Out-Klausel)
In diesem Model liegen die Kaufpreisvorstellungen beider Parteien oft deutlich auseinander und die Kaufpreisfestlegung wird zum Hauptverhandlungsthema. Dies liegt meist an den unterschiedlichen Erwartungen über die zukünftige Geschäftsentwicklung oder ist ganz einfach veranlasst durch eine initiale Finanzierungslimitierung des Käufers. Damit die Parteien letztendlich doch zu einer Einigung finden können, wird ein Kompromiss vereinbart: Eine fixe Zahlung bei Übernahme und eine nachlaufende erfolgsabhängige Zahlung (Earn-Out-Klausel). Diese Regelung ermöglicht dem Käufer für den fixen Kaufpreisteil die Bereitstellung einer sichern Finanzierung von seinen Geldgebern zu erlangen. Für die zukünftigen Kaufpreiszahlungen können finanzielle Überschüsse der Unternehmung selber herangezogen werden. Somit argumentieren die Käufer häufig, dass beim Erreichen der definierten betrieblichen Ziele der Verkäufer auch entsprechend entlohnt wird. Auf der anderen Seite bedeutet das – sollten die verkäuferseitig prognostizierten und geplanten Geschäftszahlen nicht erreicht werden –, dass die Firma letztlich nicht wirklich den vom Verkäufer ursprünglich angenommenen Wert beim Kauf hatte.
Über die genaue Formulierung der Earn-Out-Klausel werden oft intensive und emotionale Verhandlungen geführt, denn die Interessen könnten an dieser Stelle nicht unterschiedlicher sein. Der Unternehmensverkäufer möchte oft die Zielerreichungsbemessung auf eine obere Kennzahl (Umsatz, Rohertrag oder EBITDA) und die Käuferpartei auf einer unteren Kennzahl (EBIT, Gewinn oder Cash-Flow) in der Gewinn- und Verlustrechnung festsetzen. Die Argumentation beider Seiten ist naheliegend: Der Verkäufer argumentiert, dass die unteren Kennzahlen schwer überprüfbar sind, einigen Wahlrechten unterliegen sowie stark von der Geschäftsführung abhängen und hohen Manipulationsmöglichkeiten unterliegen. Der Käufer wiederum argumentiert häufig, dass er Kaufpreiszahlungen nur mit Überschüssen und Gewinnen begleichen kann und somit nur untere Kennzahlen Sinn für die Kaufpreisfestlegung machen. Im Unternehmensvertrag müssen dann oft klare und umfangreiche Definitionen für die genaue Berechnung, den Auszahlungszeitpunkt, etwaige Verzinsung, die Zahlungsbesicherung sowie für die Auskunftspflichten während der Earn-Out Phase geregelt werden. Aufgrund der Komplexität solcher Definitionen ist es sinnvoll, sich hierbei von erfahrenen Beratern unterstützen zu lassen.
Grundsätzlich bietet das Modell eine geteilte Risikoallokation und in vielen Fällen ermöglicht es überhaupt erst das Zustandekommen einer Transaktion. Allerdings sollten sich Unternehmensverkäufer über die Risiken bewusst sein: Die Kaufpreisfestlegung durch eine erfolgsabhängige Kaufpreiszahlung kann im schlimmsten Fall Null betragen. Dies ist alleine dem Umstand geschuldet, dass jedes Unternehmen in gewissem Umfang externen, unkontrollierbaren und unvorhersehbaren Faktoren (wie z.B. Rezession, Finanzkriese etc.) ausgesetzt ist. Darüber hinaus sind die erfolgsabhängigen Zahlungen auch vom unternehmerischen Geschick und Erfolg des Käufers abhängig und damit schwer kalkulierbar. Somit führt diese Lösung leider nicht zu der gewünschten Entkopplung der Verantwortungsbereiche, da der Verkäufer letztlich noch über die erfolgsabhängige Komponente mit dem Unternehmen verbunden ist. Für viele Geldgeber hat eben genau diese gegenseitige Abhängigkeit und Verbundenheit eine beruhigende Komponente, da man so sicher sein kann, dass ein Verkäufer alles unternehmen wird, um für eine umfassende und gelungene Übergabe, Einführung und Fortführung des Betriebs zu sorgen: Zuckerbrot und Peitsche, sozusagen. Diese gemeinsame Risikoteilung schafft erfahrungsgemäß Vertrauen – ohne das ein solches Geschäft nun mal nicht auskommt – und ermöglicht auf diese Weise jährlich zahlreiche Transaktionen im Mittelstand.
Kaufpreisfestlegung Modell 3: Kaufpreis mit nachträglicher Anpassungsklausel
Dieses Modell der Kaufpreisfestlegung basiert auf der Voraussetzung, dass ein Käufer genau definieren möchte in welchem Zustand die Firma übergeben wird. Unternehmenskaufverträge sehen oft einen vorläufigen Kaufpreis (wie z.B. 3,2 Mio. EURO) vor, basierend auf einer Referenzkomponente (wie z.B. Eigenkapital von EUR 752.000 EURO). Die Referenzgröße kann das Eigenkapital, die Netto-Liquidität oder das Netto-Umlaufvermögen sein. Die Referenzkomponente kann freigewählt werden, muss allerding genau definiert sein, da bis auf das Eigenkapital die anderen Kennzahlen nicht gemäß HGb explizit definiert sind. Hier helfen Beispielrechnungen anhand der letzten vorhandenen Bilanz, um den Kaufpreis genau bestimmen zu können. Für die richtige Auswahl und Höhe der jeweiligen Referenzkennzahl sollte der Unternehmens-Broker langjährige Erfahrung aufweisen und das aktuelle Geschäftsjahr genauestens mit dem Verkäufer durchsprechen. Auch wenn man nicht pauschal eine Referenzgröße empfehlen kann, gibt es doch einige Leitlinien, die als Auswahlhilfe dienen.
Für investitionsintensive Unternehmen (u.a. Produktions- und Industriebetriebe) sollte in der Regel das Eigenkapital als Referenz verwendet werden. Hier wird der Käufer umfassende Garantien verlangen, dass nicht wesentliche betriebliche Vermögensgegenstände vorab verkauft oder stille Reserven vorab noch schnell realisiert werden, um das Eigenkapital zu erhöhen. Bei Handelsfirmen und Webshops ist häufig das Netto-Umlaufvermögen die Kennzahl der Wahl, da die wesentlichen wert- und preisbildenden Faktoren das Warenlager, die Forderungen, die liquiden Mittel sowie die kurzfristigen Verbindlichkeiten sind. Bei reinen Dienstleistungsunternehmen bietet sich die Kennzahl der Netto-Liquidität an, da vor allem die Forderungen und die liquiden Mittel die wichtigsten Faktoren sind.
Bei dieser Methode der Kaufpreisfestlegung ist in jedem Fall eine genaue Abgrenzung in Form einer Stichtagsbilanz notwendig. Diese wird oft in den folgenden acht bis zwölf Wochen nach einem Verkauf erstellt und es bedarf hierfür klarer Regelungen im Unternehmenskaufvertrag. Zusammenfassend bietet diese Methode für den Unternehmensverkäufer die Chance, positive betriebliche Ergebnisse seit der letzten Bilanzerstellung in einen geldwerten Vorteil zu verwandeln. Der Käufer hingegen erhält durch die genaue Definition des Übernahmezustandes Klarheit über die vorhandenen Vermögensverhältnisse bei Vertragsvollzug. Oftmals verhandeln die Parteien bei diesem Modell ausführlich über den Sachverhalt der Aufrechnung des Anpassungsbetrages mit eventuellen Gewährleistungsansprüchen der Käuferseite. Jeder sucht seinen Vorteil und ausreichend Sicherheit und am Ende führt – wie so oft – ein salomonischer Kompromiss zum Erfolg.
Fazit: Modelle für vertragliche Kaufpreisfestlegung
Es bestehen unterschiedliche Möglichkeiten den Unternehmenskaufpreis vertraglich zu vereinbaren. Oft spielt die klare Bestimmbarkeit und die Planbarkeit für beiden Seiten zu Beginn der Verhandlungen die entscheidende Rolle. Zum Ende der Verhandlungen wiegen die Unterschiede in der Wertbestimmung stärker und dafür stehen einem Unternehmensverkäufer einige Methoden und Möglichkeiten zur Verfügung, um den unterschiedlichen Vorstellungen durch verschiedene vertragliche Kaufpreisfestlegungen im Unternehmenskaufvertrag Rechnung zu tragen. Für die Beurteilung der Attraktivität des Unternehmenskaufpreises spielen neben der vertraglichen Kaufpreishöhe und Planbarkeit oft auch zahlreiche andere Faktoren eine erhebliche Rolle, so z.B. der Zahlungsfluss, die Garantien, die Einarbeitungsanforderungen, die Bindungsfristen, etwaige Sympathien, das Vertrauen sowie die konkrete Verhandlungsmacht der Parteien. Ein Unternehmensverkäufer wird sich für die anstehenden Vertrags- und Kaufpreisverhandlungen in der Regel eigeninitiativ professionelle Unterstützung und Erfahrung mit ins Boot zu holen, damit er den zur Verfügung stehenden Verhandlungsrahmen und die Gestaltungsmöglichkeiten bestmöglich zu seinen Gunsten umsetzt und sich nicht nur auf Intuition oder gut gemeinte Ratschläge verlässt.
Unsere Unternehmens-Broker haben über 100 Firmentransaktionen in den unterschiedlichen Branchen und Unternehmensgrößen begleitet. Wir beschäftigen uns also tagtäglich mit der Kaufpreisfestlegung und der Überführung von Verhandlungsergebnissen in wasserdichte Unternehmenskaufverträge.
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