Auswahl Firmenmakler: Mit oder ohne Branchenfokussierung?
Viele interessierte Unternehmensverkäufer suchen für den eigenen Unternehmensverkauf einen branchen-spezialisierten Firmenmakler für ihr jeweiliges Industriesegment. Der Grundgedanke, dass ein spezialisierter Firmenmakler durch sein eigenes Netzwerk sowie seine Branchenerfahrungen einen schnelleren Verkauf sowie einen höheren Verkaufspreis erzielt, ist ebenso legitim wie nachvollziehbar. Eine kurze Internetrecherche fördert eine Vielzahl von Dienstleistern mit leicht variierenden Bezeichnungen wie Unternehmensvermittler, Firmenmakler und Unternehmensverkäufer zu Tage. Bei einer solchen Recherche werden Sie allerdings feststellen, dass die meisten Anbieter eher auf den generellen Verkaufsprozess als auf eine oder weniger Branchen spezialisiert sind. Woran liegt das und habe ich als Verkäufer einen Nachteil aufgrund der fehlenden Branchenfokussierung des Firmenmaklers?
Der Artikel geht dieser durchaus grundlegenden Frage nach und benennt die wesentlichen Gründe, warum es für den Verkauf von kleinen und mittleren Unternehmen gerade sinnvoll ist KEINE ausschließliche Fokussierung auf einzelne oder wenige Branchen zu haben.
Mangelnde Marktgröße der Branchen
Der Hauptgrund warum Firmenmakler nicht nur ausschließlich auf einzelne oder wenige Branchen fokussiert sind, liegt häufig ganz banal in der zu kleinen Marktgröße der unzähligen Branchen in Deutschland: Es würde sich schlicht und einfach nicht lohnen oder wäre zumindest mit einem hohen Risiko verbunden, sich auf eine oder wenige Branchen zu spezialisieren.
Es gibt auch noch einen ganz anderen Punkt, der gegen eine Branchenfokussierung spricht: Für viele Unternehmen ist die Zuordnung zu einer Branche alles andere als einfach und vor allem nicht einheitlich normiert. Nehmen wir das Beispiel einer Handelsfirma mit gebrauchten Glas. In welche Branche gehört diese Firma nun? Ein Firmenmakler würde die Unternehmung wohl in den Bereich „Handelsunternehmen“ einordnen, da es Parallelen zum Verkauf von Handelsunternehmen gibt, was das dahinter liegende Geschäftsmodell angeht. Viele Verkäufer hingegen definieren Ihre Branchenzugehörigkeit nicht anhand von Geschäftsmodellen, sondern eher auf Basis der Absatzindustrien – in unserem Beispiel wäre dies dann wohl eher die Glas- oder Recycling-Branche.
Wie viele Unternehmen werden nun in der Glas- oder Recyclingbranche jedes Jahr verkauft?
Wir kennen die genaue Zahl leider nicht, aber der gesunde Menschenverstand sagt einem recht eindeutig: Es werden sicher nicht sehr viele pro Jahr sein. Nun agieren die meisten Firmenmakler auch noch in einem beschränkten regionalen Gebiet. So kann ein Firmenmakler mit Sitz in München nur bedingt kosteneffizient eine kleine Glashandelsfirma in Hamburg verkaufen. Handelsfirmen hingegen gibt es zu Hauf in der Region München oder Bayern.
Somit ist ein Firmenmakler aufgrund seiner regionalen Fokussierung oder Beschränkung mehr oder weniger darauf angewiesen Unternehmen aus verschiedenen Branchen zu verkaufen, damit er seine Dienstleistung kosteneffizient und nachhaltig anbieten kann. Alternativ kann er die Branchen gemäß den vorhandenen Geschäftsmodellen zuordnen um so die Branchensegmentierung nicht zu kleinteilig zu handhaben, d.h. die Zuordnung erfolgt auf Basis der Unterscheidung von Dienstleistungs-, Handels– oder Produktionsunternehmen.
Prozess- versus Branchenstandardisierung
Ein Firmenmakler bietet letztendlich eine Dienstleistung an. Diese umfasst das Verkaufen von Unternehmen. Für diese Leistungserbringung bedarf es zahlreicher übergreifender Kenntnisse, u.a. im Steuer- und Gesellschaftsrecht, der Buchhaltung sowie der Vermarktung und Verhandlungsführung. Alle diese branchenunabhängigen Fähigkeiten und Kenntnisse kann der Firmenmakler bei jedem Unternehmensverkauf anwenden, da diese für den Verkauf eines Webshops oder einer Werbeagentur gleich sind.
„Der Verkäufer profitiert eben nicht von einer Branchen- aber eben von der Prozessstandardisierung des Firmenmaklers.“
Der Firmenmakler im Vergleich zum Immobilienmakler
Die Erwartungshaltung von Inhabern bzgl. der Spezialisierung des Firmenmaklers wird vor allem von der starken Fokussierung der Immobilienmakler gespeist. Allerdings lohnt sich auch hier ein genauer Blick. Immobilie ist nicht Immobilie und Firma ist nicht Firma. So werden Sie wenige Immobilienmakler finden, die nur auf Eigentumswohnungen, Reihenhäuser, Mehrfamilienhäuser oder Gewerbeobjekte fokussiert sind. Ein Immobilienmakler verkauft letztendlich Immobilien.
Gleiches gilt für einen Firmenmakler. Auch dieser verkauft Firmen. Aus Makler-Sicht ist es auch hier erst einmal unerheblich, ob es sich hier um eine Restaurantkette oder eine IT-Firma handelt. Da für ihn beides Firmen sind und er die notwendige Prozess- und Verkaufserfahrung für die vorhandene Transaktion mitbringen muss.
Wann macht eine Branchenspezialisierung eines Firmenmaklers Sinn oder ist sogar erforderlich?
Ja, es gibt durchaus spezialisierte Firmenmakler für Apotheken, Arztpraxen, Steuer- oder Anwaltskanzleien. Dies hängt damit zusammen, dass in diesen Fällen die Anforderungen an den Käufer sehr klar vorgegeben sind. Oft muss der Käufer ein entsprechender Berufsträger sein und eine staatlich regulierte Qualifikation mitbringen, wie z.B. Apotheker, Rechtsanwalt oder Steuerberater. Diese Firmen bieten zudem oft eine vergleichbare Dienstleistung an, so macht es kaum einen Unterscheid, ob sich z.B. eine Apotheke in Hamburg oder in Stuttgart befindet.
In diesen Fällen ist oftmals sogar der Firmenmakler selbst ein Berufsträger dieser Gruppe und kennt die Eigenarten der jeweiligen Branche, der Leistungserbringung und verfügt in den meisten Fällen über ein Branchenetzwerk. Dies liegt vor allem daran, dass etwa der Verkauf von jeder Arztpraxis immer einem bestimmten Muster folgt. Schließlich sind die Leistungserbringung und die Produkte gleich. Hier sind die also sowohl die Unternehmenskaufverträge als auch die Verhandlungspunkte und Stolperfallen immer gleich.
„Viele kleine und mittlere Unternehmen betreiben allerdings ein individuelles Geschäftsmodell und hier gibt es meistens mehrere Käufergruppen, da die Qualifikationsanforderungen eben nicht staatlich vorgegeben und die Käufergruppe eingeschränkt ist.“
Somit kommen als Käufer für die meisten KMUs Privatinvestoren, Finanzinvestoren oder strategische Käufer (gewerbliche Unternehmen) in Frage. Bei jeder dieser Transaktionen und Interaktionen mit Käufergruppen laufen die Diskussionen und Verhandlungen komplett anders ab. Somit kann der Firmenmakler eben nicht auf eine Standard-Formel zurückgreifen, sondern muss individuell und bedarfsgerecht eine Lösung erarbeiten. Hier profitiert der Firmenmakler eher von seiner generellen Erfahrung mit einer Vielzahl von bereits verschiedenen erarbeiteten und durchgeführten Transaktionen.
Das Kontaktnetzwerk des Firmenmaklers wird überschätzt!
Für die meisten zum Verkauf stehenden Unternehmen existiert im eigentlichen Sinne kein vorhandener Markt! Im Gegenteil der Markt: Für den Unternehmensverkauf muss der Markt meistens individuell aufbereitet und hergestellt werden. Aufgrund der geringen Transaktionsanzahl sowie wegen der verschiedenen Käufergruppen kann sich der Firmenmakler eben nicht nur auf sein persönliches Netzwerk verlassen. Vielmehr muss er für jeden Unternehmensverkauf auf Neue definieren, welche Vermarktungskanäle oder Käufer für die zum Verkauf stehende Unternehmung in Frage kommen.
Wenn Sie Unternehmen mit einem Verkaufspreis von 1 bis 5. Mio. Euro verkaufen, dann mag der direkte Kontakt zu potentiellen Käuferunternehmen hilfreich sein. Viel wichtiger ist es allerdings, dass die zum Verkauf stehende Unternehmung tatsächlich interessant für den potenziellen Käufer ist und einen klaren Mehrwert bietet. Ist dies gegeben, dann können Sie auch völlig unbekannte fremde potentielle Käufer kontaktieren. Die freuen sich alle über eine direkte – aber diskrete – Ansprache solange ihnen ein attraktives Unternehmen angeboten wird.
Sie als Verkäufer profitieren im Grunde ebenfalls davon, dass der Firmenmakler eben gerade keine Beziehung und Vorgeschichte mit dem Käufer hat. So können Sie sicher sein, dass der Firmenmakler ausschließlich in Ihrem Sinne arbeitet und die Verhandlungen dementsprechend führt – anstatt möglicherweise einen seiner befreundeten Kontakte oder eine langfristige Geschäftsbeziehung mit dieser Kaufoption zu Beglücken versucht.
Fazit: Ist eine Branchenfokussierung von Firmenmaklern notwendig?
Firmenmakler operieren meistens in einem begrenzten regionalen Gebiet. Hier gibt es bei vielen Branchen keine ausreichend hohe Anzahl von Unternehmensverkäufen, die eine Fokussierung ökonomisch rechtfertigen könnten. Bei einigen Branchen, wie u.a. Arztpraxen oder Anwaltskanzleien, sind die Anzahl der jährlichen Unternehmensübergaben, das Vorgehen, der Unternehmenskaufvertrag sowie die Problemthemen für jede Transaktion „quasi-gleich“. Viele kleinere und mittlere Unternehmen können hingegen nur schwerlich einer eindeutigen und ausreichend großen Branche zugeordnet werden.
„Wenn die Käufergruppe, das berufliche Anforderungsprofil sowie die konkrete Umsetzung für jede Transaktion variiert, dann haben nicht-branchenfokussierte Firmenmakler einen Vorteil und ihre Daseinsberechtigung.“
Dies liegt vor allem daran, dass nicht spezialisierte Firmenmakler eben Prozessexperten für den Verkauf von Unternehmen sind. Somit erlangt dieser mit jeder erfolgreichen Transaktion ein größeres Erfahrungs- und Lösungsrepertoire, wobei er auf immer gleichbleibende Grundlagen der Vermarktung, Verhandlungsführung, der Besteuerung und Vertragsgestaltung zurückgreift. Dieses Prozesswissen kann der Firmenmakler wertbringend in ihren Unternehmensverkauf einbringen kann.
Viele Verkäufer gehen irrtümlicherweise davon aus, dass ein großes vorhandenes Kontaktnetzwerk des Firmenmaklers ein großer Vorteil für Ihren Verkäufer darstellt. Nach unserer Erfahrung muss für jede Firma der Markt erst „gemacht“ werden und es sind vornehmlich neue potentielle Käufer zu kontaktieren. Ein Fokus auf persönliche Kontakte oder auf Kontakte aus vorhandenen Datenbanken ist immer limitierend und selten verkaufspreisfördernd. Somit wird das Netzwerk bei der Auswahl des Firmenmaklers oftmals überschätzt, da es dem Ziel eines ebenso raschen wie profitablen Verkaufs sogar eher im Wege steht.