Die Betriebsprüfung (Due Diligence) beim Unternehmensverkauf
Für das deutsche Wort Betriebsprüfung hat sich in der Unternehmensverkaufspraxis das englische Wort „Due Diligence“ durchgesetzt. Nicht nur aufgrund des englischen Begriffs „Due Diligence“ können sich viele KMU-Inhaber wenig unter dem Begriff und der Notwendigkeit einer ausführlichen Betriebsprüfung vorstellen, sondern auch, weil eine Prüfung in dieser Form oftmals nur anlässlich eines Unternehmensverkaufs erfolgt. Dieser Artikel versucht eine erste Einführung in die Betriebsprüfung, deren Notwendigkeit und Ablauf zu geben. Wir möchten damit möglichst vielen Verkäufern etwas von der Berührungsangst nehmen und die Thematik verständlich und nachvollziehbar aufarbeiten. Ein Verständnis der „Due Diligence“ erhöht die Chancen, dass das letztendliche Ziel tatsächlich erreicht wird: Eine erfolgreicher Unternehmensverkauf!
Was bedeutet „Due Diligence“ und warum wird sie benötigt?
Wie bereits erklärt, stammt der Begriff aus dem Englischen und bedeutet wörtlich und übertragen übersetzt eine sorgfältige und gewissenhafte Prüfung der zum Verkauf stehenden Unternehmung. Viele Unternehmensverkäufer runzeln an dieser Stelle die Stirn und stellen die Sinnhaftigkeit einer ausführliche Due-Diligence-Prüfung in Frage, oftmals mit den Begründung:
Man habe doch alle Fragen in den persönlichen Gesprächen, dem folgenden Schriftverkehr und in der Verkaufsdokumentation ausführlich beantwortet. Warum bedarf es nun noch einer ausführlichen, umfangreichen und zeitintensiven Prüfung?
Gerade vor dem Hintergrund der knappen zeitlichen Ressourcen und des enormen Zeitaufwands für die Informationsbereitstellung neben dem operativen Tagesgeschäft sind die Widerstände gegen eine solche Prüfung nachvollziehbar. Aus der Verkäuferperspektive erscheint der Einwand gewissermaßen berechtigt, schließlich kennt der Unternehmer seine Firma in- und auswendig und ist sich allen Risiken und Chancen vollstens bewusst. Dabei bleibt zu beachten:
Für den Unternehmenskäufer ist die Ausgangslage eine komplett andere. Er steht erst seit einigen Monaten mit der Firma Kontakt und möchte in jedem Fall eine „faktenbasierte Kaufentscheidung“ und eine optimierte Transaktion durchführen.
Somit steht für den Käufer im Rahmen der Betriebsprüfung das „ob“ und „wie“ im Vordergrund. Deshalb teilen Käufer in den meisten Fällen alle Prüfungsaktivitäten der Due Diligence in vier große Prüfungs- und Entscheidungsfelder ein:
- Kaufpreis-Verifikation: Der Käufer möchte durch eine ausgiebige Prüfung der historischen und aktuellen Geschäftszahlen seine Kaufpreisfestlegung und Angebotspreis überprüfen und bestätigt wissen. Vor allem die Annahmen über die überschüssigen Erträge, das EBIT und die Cash-Flows stehen im Fokus. Deshalb wird der Käufer seine eigenen Annahmen und die des Verkäufers im Bezug auf die Umsatzprognose, die Kostenentwicklung, mögliche Synergien, die allgemeine Geschäftsentwicklung, den Investitionsbedarf etc. auf den Prüfstand stellen und im Rahmen der Due Diligence sorgfältig prüfen.
- Risiken und Unternehmenszustand: Jede Unternehmung ist ein virtuelles Gebilde mit unzähligen Verträgen, verschiedenen Personen, Produkten und Dienstleistungen sowie einer Infrastruktur (Prozesse, Programme, Räumlichkeiten, Lager etc.). Bei einem Verkauf wechselt nun also das Eigentumsverhältnis aller dieser Dinge. Deshalb möchte der Käufer vor dem verbindlichen Kauf ein klares Bild über den genauen Zustand der Unternehmung haben. Vor allem die Arbeitsverträge, drohende Rechtstreitigkeiten, Abführungen von Steuern und Sozialversicherbeiträge, Anfechtbarkeit von Patenten, Prüfung von wesentlichen Verträgen aus Lieferung und Leistung, Kundenstamm und Abhängigkeiten, Technologie und Patente etc. stellen für den Käufer mögliche Risiken dar. Darüber hinaus möchten Käufer Verbesserungsmöglichkeiten identifizieren, die einen Mehrwert generieren. Als Verkäufer sollten Sie sich nicht zu sehr an dem häufig in diesem Zusammenhang verwendeten Begriff „Risiken-Prüfung“ stoßen, da letztendlich der Käufer nur ein legitimes Informationsinteresse hat bevor er einen verbindlichen Kaufvertrag mit der verpflichtenden Zahlung eines Kaufpreises eingeht und die Inhaberstellung am gesamten Unternehmen oder einzelnen Vermögenswerten übernimmt.
- Transkationsstruktur und Abwicklung: Unternehmensverkäufe können grob in zwei rechtliche Transaktionsformen (Asset-Deal oder Share-Deal) eingeteilt werden. Beide Alternativen haben ihre Eigenheiten und die richtige Auswahl hängt sehr stark von den jeweiligen Gegebenheiten und der individuellen Situation ab. Für die Auswahl der optimalen Transaktionsstruktur spielen vor allem rechtliche, steuerliche Aspekte sowie die zu übertragenden Vermögenswerte eine Rolle. So ist es nicht selten, dass dem Verkäufer die geschäftlich genutzte Immobile privat gehört und diese mitverkauft werden soll. Dem gegenüber stehen oft Vermögenswerte, wie u.a. Geschäftsautos, Pensionsrückstellungen, hoher Bargeldbestand oder Wohnimmobilien, welche sich im Betriebsvermögen befinden und nicht Gegenstand der Transaktion sind. Der Umgang mit diesen Vermögenswerten und der Einfluss auf die Unternehmensbewertung muss klar geklärt und definiert werden. Auch die Besteuerung sowohl des Veräußerungserlöses für den Verkäufer als auch die steuerliche Anrechnung von Finanzierungs- und Anschaffungskosten des Käufers spielen eine wesentliche Rolle bei der Auswahl der richtigen Transaktionsstruktur.
- Übernahme und Integration: Für den Verkäufer ist die Transkation mit dem Vertragsvollzug beendet. Für den Käufer beginnt allerdings die richtige Arbeit erst nach der Übernahme, wenn er volle Kontrolle über die Unternehmung hat. Deshalb haben Unternehmenskäufer ein großes Interesse, bereits vor der Übergabe genauestens zu verstehen, was auf sie zukommt und wie von Tag eins die Unternehmung geführt, ausgebaut und integriert wird. In diesem Zusammenhang gilt es zu prüfen, wie der Verkäufer kurz-, mittel- und langfristig ersetzt wird und was sofort nach der Übernahme passieren muss. Vor allem bei strategischen Käufern muss die innerbetriebliche Integration (Zugehörigkeit der Geschäftseinheit, Namensanpassung, Webseitenauftritt, Kommunikation, Personalstruktur, Synergiehebung etc.) klar definiert und geplant werden, damit die Transaktion letztendlich den erhofften Wert generiert.
Due-Diligence-Durchführung
Zusammengefasst möchte der Käufer also mit der Due Diligence Informationen über das Unternehmen sammeln, eine „Chancen-und-Risiko-Analyse durchführen, die genaue vertragliche Abwicklung und Transaktionsstruktur definieren sowie die Übernahme planen. Natürlich bietet eine ausführliche Verkaufsdokumentation bereits eine Art „Pre-Due-Diligence“, da dem Käufer umfassende Informationen und ein recht detaillierter Einblick gewährt wird. Deshalb fokussieren wir uns an dieser Stelle auf die Betriebsprüfung vor Vertragsabschluss. Wie läuft diese in aller Regel ab?
Die meisten Käufer werten zunächst die bereitgestellten Informationen im Rahmen der Kontaktaufnahme und Verhandlung aus. Daraus werden anschließend offene Fragen, Klärungs- und Prüfungsschwerpunkte abgeleitet. Da die Due Diligence in den meisten Fällen von Experten aus unterschiedlichen Fachgebieten durchgeführt wird, unterteilt man die Prüfungsebenen in verschiedene Fachgebiete zur Arbeitsteilung und Prüfungsabarbeitung:
- Strategische Analyse und Kaufpreis (durch den Käufer)
- Finanz- und Rechnungswesen (Wirtschaftsprüfer oder Berater)
- Rechtliche Prüfung (Anwälte)
- Steuerliche Prüfung (Steuerberater)
- Management und Personal (Käufer und Anwälte)
- Materielle und immaterielle Vermögenswerte (Anwälte und Gutachter)
- Produkte und Technologie (Käufer und Fachexperten)
- Markt und Wettbewerb (Käufer und Berater)
- Kunden- und Lieferantenbeziehungen (Käufer)
- IT, Prozesse und Qualitätsmanagement (Käufer und Fachexperten)
- Marktimage und Reputation (Käufer und Berater)
Da der Prüfungsrahmen der Due Diligence letztendlich weit gefasst werden kann, sollte jeder Verkäufer darauf achten, dass die Berater der Käuferseite nicht unreflektierte- und unpassende-Standard-Checklisten als Anforderungen schicken. Im Internet grassieren zahlreiche Vorlagen, die jedoch immer bedarfsgerecht auf die vorliegende Transaktion angepasst werden müssen. Gerade bei kleineren Betrieben spielen Themen wie Compliance oder Patente oft eine untergeordnete Rolle. Bei einem Onlineshop gibt es hingegen beispielsweise keine Maschinen und Produktionsmittel. Hier ist Vorsicht mit Standard-Checklisten geboten und besonderes Augenmaß notwendig, denn:
Viele Käuferberater verfahren hier nach dem Motto: Je mehr Informationen, desto besser.
Vor allem wenn die eingesetzten Berater auf Stundenbasis honoriert werden, haben sie ein großes Interesse, die Prüfung unnötig aufzublähen und jeden Stein (auch unwesentliche) umzudrehen. Dem sollte verkäuferseitig Einhalt geboten werden, indem die zugeschickte Checkliste genauestens auf Relevanz geprüft wird. Hier ist ein intensiver und direkter Austausch mit der Käuferseite unerlässlich und durch geschickte Argumentation kann der Prüfungsumfang oft auf ein relevantes und akzeptables Maß gestutzt werden.
Bereitstellung der Informationen
Der Informationsaustausch findet also oftmals auf Basis einer vereinbarten Checkliste statt. Diese sollte neben der reinen Informationsauflistung eben auch den Bereitstellungsstatus und offene Klärungspunkte ausweisen. Wir haben hier nachfolgend einen kleinen Ausschnitt aus einer solchen Due-Diligence-Checkliste beigefügt. In der Regel gibt es zahlreiche Unterpunkte für die jeweiligen vereinbarten Prüfungsfelder. Hier sollte besonders darauf geachtet werden, dass die Informationsanfragen nicht redundant aufgeführt sind.
A. Eckdaten Unternehmen | ||||||
Zu beschaffene Information | Priorität | angefordert | vorgelegt | geprüft | Anmerkungen | |
A1 | Aktueller Handelsregisterauszug, inkl. Gesellschafterliste | Hoch | 13.07.2015 | Ja | 10.08.2015 | Handelsregister per 01.05.2015 |
A2 | Aktuelle neutrale Wirtschaftsauskünfte, wie z.B. Creditreform | Mittel | 13.07.2015 | Nein | 10.08.2015 | Nicht vorhanden. |
A3 | Aktuelle Gesellschaftsverträge und Protokolle von Gesellschafterversammlungen | Hoch | 13.07.2015 | Ja | 10.08.2015 | Gesellschaftervertag per 01.01.2001. Sowie 15 Protokolle der Hauptversammlung |
… | … | … | … | … | … | … |
Die Informationen werden in aller Regel in einem geschützten Datenraum bereitgestellt. Dies kann ein physischer Ort sein oder seit einigen Jahren gibt es auch virtuelle Anbieter, auf deren Portalen alle Daten hochgeladen und kontrolliert eingesehen werden können. Beide Alternativen haben ihre Vorzüge. Wichtig ist vor allem, dass sich jeder Verkäufer bewusst ist, dass das Informationsbedürfnis des Käufers legitim ist. Darüber hinaus treffen den Verkäufer im Rahmen eines Unternehmensverkaufs auch verbindliche Informationspflichten.
Damit bietet die Due Diligence auch eine große Chance den eigenen und gesetzlichen Haftungsrahmen zu reduzieren, indem die angefragten und notwendigen Informationen bereitgestellt werden. Deshalb empfehlen wir die Due Diligence außer als Haftungsreduktion auch als Chance für Vertrauensbildung und zur Demonstration der eigenen Professionalität zu nutzen.
Aus diesen Gründen sollten die Unterlagen auch nicht lose, unstrukturiert oder nach und nach im Datenraum abgelegt werden, sondern eine transparente und übersichtliche Ordner- und Unterlagenstruktur gewählt werden. Hier kann die Struktur der Checkliste als Maßgabe verwendet werden. Wichtig ist, dass das Informationsbedürfnis des Käufers befriedigt wird und dieser weiteres Vertrauen fasst, damit er am Ende die Transaktion auch durchführt.
Aufwand und Zeitbedarf
Der Prüfungsaufwand hängt sehr stark von der Größe und Komplexität der zum Verkauf stehenden Unternehmung ab. Dennoch unterschätzen viele Verkäufer den Zeitaufwand der Bereitstellung der Unterlagen. Diese beträgt in vielen Fällen zwei bis vier Wochen, da es sich eben um zahlreiche Unterlagen, Dokumente und Informationen handelt, die ggf. sogar noch aufbereitet werden müssen. Gerade wenn größere Konzerne einen kleinen mittelständischen Betrieb (mit z.B. 4 Mio. Euro Umsatz und 30 Mitarbeitern) erwerben möchten, ist eine solche Zeitspanne durchaus üblich. Zudem werden häufig einige Unterlagen angefordert, die nicht unmittelbar verfügbar sind, sondern erst erstellt werden müssen.
Der käuferseitige Zeitbedarf richtet sich nach der Arbeitsteilung der Prüfung und der zeitlichen Verfügbarkeit der Prüfenden. Dies kann sehr schnell innerhalb einiger Tage erfolgen, doch aufgrund der Arbeitsteilung und Terminfindung können hier auch schnell einige Wochen ins Land gehen.
Nach der durchgeführten Prüfung gibt es in aller Regel eine Besprechung der Prüfungsergebnisse und der entsprechenden Konsequenzen für die Transaktion. Jeder Verkäufer sollte deshalb die Informationsbereitstellung gewissenhaft, aber zeitnah und zügig vornehmen, damit die Transaktion nicht unnötig an Schwung verliert. Eine professionell vorbereitete und ggf. durch einen erfahren Berater begleitete Transaktion fördert in den meisten Fällen keine großen Überraschungen zu Tage, da die wesentlichen Deal-Breaker und Problemfelder bereits in den früheren Phasen, z.B. in der Verkaufsdokumentation, klar und ausführlich benannt wurden. Somit beginnt die Vorbereitung der Due Diligence nicht erst mit der Bereitstellung der Unterlagen und Informationen, sondern bereits zu Beginn der Verkaufsaktivitäten. Damit es nachvertraglich nicht zu unterschiedlichen Auffassungen über den Umfang der Betriebsprüfung und der Dokumenteinsicht kommt, sollten die gegengezeichnete Checkliste und evtl. einige wesentliche Dokumente in den Anhang des Kaufvertrags mit aufgenommen werden.
Fazit:
Die Due-Diligence-Prüfung wird aus Verkäufersicht oft als lästig, unnötig und zeitaufwendig empfunden. Wir empfehlen Verkäufern zu verinnerlichen, dass eine ausgewogene Prüfung der Unternehmung im Rahmen einer Due Diligence Standard ist, aus Käufer Sicht nachvollziehbar erscheint und im Grunde der guten Ordnung eines „ehrbaren Kaufmannes“ entspricht. Deshalb sollte der Verkäufer die Betriebsprüfung eher als Chance sehen, seine Informationspflichten zu erfüllen, seinen vertraglichen und nachvertraglichen Haftungsrahmen zu minimieren, seine Unternehmung professionell zu präsentieren und weiteres Vertrauen als Grundlage für die Durchführung der Transaktion aufzubauen. Die Parteien sollten eine strukturierte Vorgehensweise, eine transparente Informationsbereitstellung sowie einen zielgerichteten Prüfungsrahmen als gemeinsame Chance nutzen und die Prüfung zeitnah durchführen, damit die Transaktion ihren Schwung nicht verliert. Das Ergebnis einer erfolgreichen Transaktion ist es allemal wert!