Wer eine Firma zu verkaufen hat, braucht ein gutes Nervenkostüm!

Sie stehen vor der Herausforderung Ihre eigene Firma zu verkaufen? Es gibt bereits einen Kaufinteressenten und Sie sind sich preislich einig? An dieser Stelle schleicht sich bei vielen Unternehmensverkäufern das Gefühl ein, dass der Verkauf unter Dach und Fach sei und das Ziel einer erfolgreichen Nachfolgeregelung scheint endlich greifbar nahe. Kindern würde man in dieser Stelle sagen: Pustekuchen! Denn leider unterliegen hier viele Verkäufer einem Irrglauben und täuschen sich gewaltig! Wie immer gibt es Ausnahmen, aber in den meisten Fällen gleicht der Verkauf einer Firma eher einer Verlängerung beim Eishockey. Stichwort „Sudden Death“, der plötzliche Tod, wenn ein Tor das Spiel abrupt beendet. Dieses Überraschungsereignis gibt es auch beim Firmenverkauf, wo ein einziger falscher Schritt oder Fehler zum sofortigen Scheitern der Verhandlungen führen und den sicher geglaubten Abschluss und viele Monate harte Arbeit und nerven aufreibender Verhandlungen plötzlich zunichte macht.

Die Gründe für einen sofortigen Verhandlungsabbruch sind vielfältig und für einen unerfahrenen Verkäufer nicht immer offensichtlich – bis zu dem Moment, wenn es zu spät ist. Nachfolgend erläutern wir vier typische Beispiele aus unserem Verkaufsalltag der letzten Jahre. Sie werden überrascht sein, wie viele Dinge einen sicher geglaubten Deal doch noch zum Platzen bringen können. So viel vorne weg: Die eigene Firma zu verkaufen, ist nichts für schwache Nerven!

Firma zu verkaufen? Vorsicht:„Last minute“ Preisverhandlungen

Vor einigen Jahren betreuten wir einen Familienbetrieb, der eine Franchise-Firma zu verkaufen geplante. Die Firma war optimal aufgestellt: Sie hatte zahlreiche Franchisenehmer, hohe Erträge und einen hervorragenden Markenauftritt, ein eingespieltes Team und eine ausgeprägte Organisation. Alles in allem eine sehr begehrenswerte Firma – sollte man meinen. Nach einigen Monaten hatten wir den idealen Nachfolger gefunden. Der Käufer war eine Beteiligungsgesellschaft mit zahlreichen Unternehmen in ihrem Beteiligungs-Portfolio, welche der zum Verkauf stehenden Unternehmung sehr ähnlich war. Ein „perfect match“ sozusagen. Die zahlreichen betrieblichen Synergien machten eine Übernahme äußerst attraktiv. Auch der Käufer trat absolut seriös auf, stellte die richtigen Fragen und etablierte umgehend Vertrauen und viel Sympathie beim Verkäufer. Nach dem Ersten persönlichen Gespräch waren sich alle Beteiligten einig, dass sich die beiden gesucht und gefunden hatten – die gute Chemie war offensichtlich. Das erste Angebot erfolgte postwendet und nach einigen Nachverhandlungen konnten wir uns schnell auf ein Übernahmeszenario einigen. Die anschließende Betriebsprüfung und die Kaufvertragsverhandlungen verliefen ebenfalls reibungslos und ohne große Schwierigkeiten. Der Deal schien sicher. Der Notartermin wurde angesetzt und der Sekt im Kühlschrank bereitgestellt – er sollte dort jedoch länger als gedacht vor sich hin kühlen.

Zwei Tage vor dem Notartermin erhielten wir einen überraschenden Anruf vom Käufer. Er teilte uns mit, dass er die Firma unbedingt kaufen möchte, aber dass der Preis viel zu hoch sei. Leider ging es hier nicht um einen kleinen Preisnachlass sondern um fast 25% – gefühlt war dieses Angebot ein glatter Vertrauensbruch. In diesem Moment sahen wir die harte und mehrmonatige Arbeit und unsere Felle dahin schwimmen. In der Tat, der Verkäufer war geschockt und die Familie beriet sich zwei Tage. Anschließend informierte sie uns, dass die Vertrauensbasis und somit die Grundlage für eine Übernahme vollständig zerstört seien und dass die Familie nicht an diesen „unseriösen“ Käufer verkaufen würde. Nun erleben wir so etwas nicht zum ersten Mal. Zum Glück hatten wir also in weiser Voraussicht einen weiteren Kaufinteressenten bei der Stange gehalten und konnten die Firma zwei Monate später verkaufen. Ende gut, alles gut, konnten wir in diesem Fall verkünden!

Firma zu verkaufen? Vorsicht: Berater als Deal-Breaker

Bei einem weiteren Kunden, der eine Service-Firma zu verkaufen hatte, erlebten wir eine Überraschung ganz anderer Art. Nach einigen Gesprächen und Verhandlungen erzielten wir mit einem Kaufinteressenten eine Einigung über die üblicherweise größten Streitthemen, wie den Kaufpreis, die Fälligkeit, den Übernahmezeitplan, die Einarbeitungsanforderungen etc. Die beiden Parteien gaben sich zuversichtlich einen Handschlag und der Verkauf schien nur noch eine Frage der Zeit zu sein.

Der Käufer war ein ehemaliger Geschäftsführer einer renommierten Autovermietungsgesellschaft. Sein Auftritt war absolut authentisch, freundlich und professionell. Durch seine Geschäftsführungstätigkeit war er es gewohnt, die übergeordneten Punkte zu klären und anschließend die Ausarbeitung der Details an seine Spezialisten abzugeben. So beauftragte er eine recht elitär auftretende M&A-Boutique mit der Transaktionsabwicklung, d.h. vor allem mit der Strukturierung und dem Verhandeln des finalen Unternehmenskaufvertrags. Der eingeschaltete Berater mit eindrucksvoller Garderobe und eloquenten Ausführungen überrollte den Verkäufer mit seinen vielen Fragen, Dokumentationsanforderungen und übermäßigem Einsatz von englischem M&A-Fachjargon, der mehr zur Verwirrung als zur Klarheit beitrug. Die ursprünglich vertrauensvolle Atmosphäre ging rasch verloren und wandelte sich in eine unpersönliche juristische und wortklauberische Kampfverhandlung. Der hochbezahlte Berater spürte nicht, wie er den Verkäufer ständig und unangenehm in die Ecke drängte – und ihn so letztendlich verlor.

Die Betriebsprüfung war der reinste Albtraum. Der Berater preschte vor und verlangte ständig nicht vorhandene Dokumente und Informationen. Er drehte jeden Stein um und unterstellte dem Verkäufer indirekt List und Betrug, aufgrund des scheinbaren Informationsdefizits. Seine fehlende Erfahrung mit den Gepflogenheiten beim Kauf eines kleineren KMUs war offensichtlich. Als der Berater seinen ersten Kaufvertragsentwurf vorlegte, enthielt dieser Sage und Schreibe 43 Garantien. Diese waren nicht nur äußerst einseitig formuliert, sondern in ihren Details praktisch  inakzeptabel. In einem klärenden persönlichen Gespräch mit allen Beteiligten kochten die Emotionen hoch – und der Deal war an dieser Stelle nicht mehr zu retten. Der Verkäufer musste weitere fünf Monate und einige schlaflose Nächten warten – bis der erlösende Abschluss vollbracht war. Einen guten Berater erkennt man eben nicht am Anzug, sondern an seinem Verhalten.

Firma zu verkaufen? Beachte Veto der Ehefrau!

In einem weiteren Mandat hatten wir eine Automobil-Zuliefer-Firma zu verkaufen. Der Betrieb war kerngesund. Die Firma erzielte seit Jahren hohe Gewinne, betreute langjährig einige führende OEMs und Second-Tier Zulieferer. Der hervorragende Kundenzugang sowie das technische Know-how und die hohe Ertragskraft führten zu zahlreichen Kaufinteressenten. Der Verkäufer entschied sich für einen solventen Privatinvestor, welcher den 50-jährigen Familienbetrieb übernehmen sollte. Seine Entscheidung basierte nicht auf dem höchsten Kaufpreis, sondern auf seiner ganz persönlichen Präferenz für diesen Kandidaten. Er traute ihm zu, dass dieser die Firma übernehmen und in seinem Sinne führen kann – nachvollziehbare Gründe. Wir gingen mit diesem Interessenten durch den mehrmonatigen Verkaufsprozess, führten eine ausgiebige Betriebsprüfung durch, ließen von den Anwälten einen umfangreichen Kaufvertrag aufsetzen und verhandelten diesen bis ins letzte Detail. Die Finanzierung wurde von den Banken zugesagt und beantragt. Es folgte die Ansetzung des Notartermins.

Plötzlich spürten wir, dass der Verkäufer sukzessive den Verkauf – ohne ersichtlichen Grund – hinaus zögerte. Im persönlichen Gespräch erfuhren wir, dass seine Ehefrau nicht einverstanden war, dass die Firma nicht an den höchst bietenden verkauft wurde. Das Ende vom Lied: Wir mussten nach über acht Monaten Arbeit den Verkaufsprozess mit diesem Interessenten so kurz vor der Ziellinie abbrechen. Da die Nachfrage sehr hoch war, konnten wir die Firma nach drei weiteren Monaten an eine andere Firma aus der Automobilbranche verkaufen. Seit dieser Erfahrung versuchen wir immer sehr früh im Verkaufsprozess alle Gesellschafter, Ehepartner und relevanten Familienmitglieder zu integrieren, um zumindest vor Überraschungen von dieser Seite weitestgehend gefeit zu sein.

Firma zu verkaufen? Beachte: Mit der Zeit stirbt jeder Deal!

Ein anderer Kunde hatte eine Software-Firma zu verkaufen. Das Verkaufsmandat verlief hervorragend. Die Firma hatte eine eigene ERP-Software entwickelt, die der Markt hervorragend annahm. Das 20-köpfige Entwicklungsteam entwickelte ständig neue Funktionen und beeindruckte mit seinen technischen Fähigkeiten alle Kaufinteressenten. Diese standen entsprechend Schlange. So dauerte es nicht lange, bis wir uns mit einem Interessenten im Großen und Ganzen einigten. Der Verkaufsprozess sowie die Betriebsprüfung verliefen zunächst einwandfrei. Doch am Ende übermittelte der Käufer noch einige Informationsanfragen. Der Verkäufer war operativ jedoch so eingespannt und sich seiner Sache so sicher, dass ständig Themen aus dem Tagesgeschäft den Notartermin und damit den Abschluss nach hinten schoben.

Irgendwann wurde der Käufer verständlicherweise unruhig und vermutete, dass irgendetwas nicht stimmte. Wir konnten zunächst alle Bedenken und Zweifel ausräumen und warben um Verständnis für die Situation des Verkäufers. Dann wurde der Verkäufer krank und musste ins Krankenhaus. Nach einem mehrwöchigen Aufenthalt in medizinischer Betreuung wollten alle Parteien den Deal schnellst möglich über die Bühne bringen. Plötzlich hatte sich die Situation jedoch grundlegend gewandelt: Es drehte sich das Personalkarussell bei der Käuferfirma und wir hatten es mit völlig neuen handelnden Personen zu tun. Der sichere und greifbare Deal wurde nun käuferseitig in Frage gestellt und sollte preislich nachverhandelt werden. Als wir eine Nachverhandlung ablehnten, entschied sich die Käuferpartei für einen Rückzieher. Der Verkäufer war schockiert und machte sich große Vorwürfe, da ihm durch sein nachlässiges Verhalten und fehlenden Abschlussfokus der Deal entglitten war und letztlich platzte. Ein Firmenverkauf sollte sicher alles andere als ein Schnellschuss sein. Doch es gibt Schwellenwerte, ab wann der Deal zügig und fokussiert durchgezogen werden muss, da sich die Konditionen und die Umsetzungswahrscheinlichkeit mit anhaltender Dauer für den Verkäufer erfahrungsgemäß eher verschlechtern. Neben den reinen Fakten, spielt eben das Timing eine wichtige Rolle.

Firma zu verkaufen: Viele Optionen beruhigen die Nerven!

Wir könnten Ihnen noch von weitern und teilweise unglaublichen Geschehnissen aus unserem Verkaufsalltag berichten. Für Sie sollte nun wichtig sein: Was können Sie aus den oben aufgeführten vier Beispielen lernen und mitnehmen? Zu aller erst, sollte sich jeder verkaufswillige Unternehmer emotional auf eine hohe nervliche Belastung einstellen. Eine Firma zu verkaufen ist eine Nerven auftreibende, intensive und oft einmalige Angelegenheit. Ausreichend Zeit, eine frühe Einleitung des Verkaufsprozesses, starke Nerven und ein dickes Fell sind das beste Rüstzeug für einen idealen Verkaufsabschluss. Darüber hinaus seien Sie sich darüber im Klaren, dass das Projekt, die eigene Firma zu verkaufen, erst abgeschlossen ist, wenn der Kaufvertrag unterschrieben ist und das Geld auf Ihrem Konto eingegangen ist – keine Sekunde vorher! Bis dahin ist gar nichts – man kann es nicht drastischer und ehrlicher sagen – sicher und in trockenen Tüchern. Gerade auf den letzten Metern, spielen auch die Nerven der Käufer verrückt und es bedarf beachtlichen Fingerspitzengefühls, gezielter Abschlussorientierung und viel Erfahrung, um in dieser hochemotionalen Situation alle Parteien zum Abschluss zu führen.

Nach unserer Erfahrung ist das beste und einzige Gegenmittel gegen den belastenden emotionalen Druck, dass Sie sich als Verkäufer so lange wie möglich verschiedene Optionen offen halten. Deshalb arbeiten unsere Unternehmens-Broker immer darauf hin, dass unsere Kunden genau eben diese Optionen haben und dass die uns bekannten und zahlreichen Stolpersteine früh und schadensfrei aus dem Weg geräumt werden. Dann schläft es sich auch während der Verkaufsphase bestens.